Gruppentherapie: POWERWOLF - Bible Of The Beast

30.04.2009 | 11:03

Die Traditionalisten-Formation POWERWOLF veröffentlicht mit "Bible Of The Beast" dieser Tage ihren dritten Streich. Werden die Theatraliker die sechs Rezensenten von POWERMETAL.de überzeugen? Trotz der relativ breiten Streuung der Meinungen ist eine Tendenz erkennbar. Neugierig? Dann lest die nachstehenden Zeilen.






Das pompöse Image, die dick aufgetragene Theatralik, die barocken Outfits, die mit großer Hingabe gepflegte Legende des Siebenbürger Sachsen als Frontmann, und die damit einher gehende Vorliebe für rumänische Mythen sind allesamt Faktoren, die dafür sorgen, dass die Band von vielen Fans des traditionellen Metals nicht ganz so ernst genommen wird, wie sie es wohl gerne hätte. Selbst ich muss zugeben, dass es mir kaum anders ging, als ich zum ersten Mal von der Band hörte. Überzeugt haben mich die Jungs jedoch mit ihren wirklich tollen und unglaublich unterhaltsamen Liveauftritten, unter anderem im Vorprogramm von GAMMA RAY und beim Bang Your Head. Nun liegt das dritte Album POWERWOLFs vor, das sämtliche Trademarks der Band gekonnt in Szene setzt: Der ausdrucksstarke, theatralische und klassisch beeinflusste Gesang Attilas harmoniert glänzend mit barocken, sakralen Kirchenorgel-Synths und den schnellen, sehr melodischen neoklassischen Gitarren der Gebrüder Greywolf. Dazu kommen tierisch prägnante Hooklines im Leadgesang sowie eingängige Refrains mit starken Backing-Chören. All das mag so klingen, als hätte die Band in Sachen Härte ihre Defizite, doch der Eindruck täuscht: Das Riffing ist durchaus aggressiv und kernig metallisch, was gerade Stücke wie 'Seven Deadly Saints' oder 'Werewolves Of Armenia' toll aufzeigen. Dass dazu natürlich auch hin und wieder schlagerartige Melodien der Marke DSCHINGHIS KHAN und eine massive Ohrwürmeligkeit kommen, mag manchen stören, der den Spaß an der Musik gerne gegen vermeintlich besonders hohen Anspruch ersetzt. Für mich indes ist "Bible Of The Beast" ein rundum gelungenes Album mit tollen Melodien, richtig gutem Gesang und einem besonderen Bonbon für Hobby-Linguisten in Gestalt einiger Passagen in deutscher und lateinischer Sprache. Wer auf eingängigen und technisch glänzend umgesetzten Melodic-Power-Metal mit viel Liebe zur Theatralik steht, der liegt bei der neuen POWERWOLF goldrichtig.
[Rüdiger Stehle]





Ach Kinder, was ist das denn? Nach HAMMERFALL schon die zweite Peinlichkeit des Jahres. Vorab muss ich sagen, dass die Buben prinzipiell ihre Sache sehr gut machen, als Musiker professionell und respektabel, so dass derjenige, der diesen Stil mag, Kitsch erlesener Qualität erhält. Doch das Problem ist die "Sache" selbst: Hier trieft das Schmalz aus dem Player, und aufdringliche Chöre wie im indiskutablen 'Moscow After Dark' nerven schon beim ersten Anhören. Der gut dreiminütige Song dauert gefühlt dreimal so lang, und der Chor wird auch für letztere Spielzeit häufig genug gesungen. Dazu hilft die tief theatralische, unverkennbar deutsch gefärbte Ausdrucksweise von Sänger Attila Dorn, dem Zuhörer schnell den Spaß an diesem Album zu verleiden. Die Melodien sind dabei zeitweise weit jenseits der Roland-Kaiser-Marke wie in 'Catholic In The Morning, Satanist At Night' oder 'Panic In The Pentagram' – "Panic in the Gehörgang" trifft es eher. Ganz schlimm wird es dann in 'Werewolves Of Armenia', wo die tatsächlich "Hu – Ha" intonieren, exakt so wie anno dazumal DSCHINGIS KHAN, oder beim gepflegten "Uh" in 'St. Satan’s Day'. Da fällt mir der Kitt aus der Brille! Auch die fast schon zu gute Produktion und die wirklich ansprechenden Gitarren können diese Bibel nicht retten, und von dem Biest hätte ich auch was Böseres erwartet. Zwar kann man Positives entdecken, wenn man sich Mühe gibt, aber am Ende bleibt dies hier trotzdem ein Album, das man am Stück unter vier Bier oder entsprechenden Mengen anderer betäubender Substanzen nicht ertragen kann.
[Frank Jaeger]


Den multinational aufgestellten POWERWOLF eilte im Zuge der Veröffentlichung ihres zweiten Albums "Lupus Dei" ein recht positiver Ruf voraus. Dessen ungeachtet zählt das, was des Rezensenten Ohr erfreut oder auch nicht. Vorwegnehmen kann ich, dass "Bible Of The Beast" eine zwiespältige Angelegenheit geworden ist. Zwiespältig deshalb, weil POWERWOLF mit ihrem neuen Album spieltechnisch keine Angriffsfläche bieten, denn alle Instrumentierungen sind stimmig und sehr sauber auf Tonträger gebannt worden. Hervorzuheben sind hierbei die oftmals wertigen Gitarrensoli und der gelungene Einsatz der Orgel. Demgegenüber steht und fällt diese Scheibe mit den überambitionierten Chören und teilweise sehr penetrant wirkenden Refrains, die leider des Öfteren eher nerven als Spaß machen. Bei einem Stück wie  'Moscow After Dark' kann ich mich bildlich des Gedankens nicht erwehren, dass Tanz-Mariechen im Kölner Karneval zu diesem Stück ihre schlanken Beine schwingen. Noch gruseliger wird es bei 'Werewolves Of Armenia', wo der Hörer mit unfreiwillig (?) komischen "Hu, hah!"-Rufen "beglückt" wird. Immerhin kann "Bible Of The Beast" mit dem gelungenen Opener 'Raise Your Fist, Evangelist', dem eingängig instrumentierten 'Panic In The Pentagram' sowie 'Catholic In The Morning, Satanist At Night' (mit schönem Uptempo-Part garniert) gutklassige Stücke verbuchen. Darüber hinaus gibt es aber nur wenig, was vom Hocker hauen könnte. In Gesamtschau ist "Bible Of The Beast" ein über weite Strecken ordentliches, melodisches Heavy-Album mit (zu) vielen Chören geworden, das primär an penetranten Refrains krankt. Liebe Powerwölfe: Verbannt die grässlichen "Huh,..hahs!" und schraubt den Bombast- und Schmonz-Anteil eurer Stücke etwas zurück, dann könnt ihr auch neue Fanschichten erreichen. Ob dies mit "Bible Of The Beast" möglich ist, wage ich zu bezweifeln.
[Martin Loga]













Ziemlich gut fand ich sie, die letzte POWERWOLF und dementsprechend gespannt war ich auf den neuen Longplayer der Theatralik-Metaller. Aber nach dem Genuss des neuen Langeisens musste ich erst mal für mich die Frage klären, warum ich die letzte Scheibe so gut fand und die neue so schlecht? Nun, zum einen liegt es daran, dass der Vorgänger einfach eine sehr ausgewogene Mischung aus Kitsch und astreinem Powerfutter auf den Tisch brachte und zum anderen die Klippen zum nervigen Klischee-Gejohle gekonnt umschiffen konnte. Die Neue kann leider nichts von dem. Dermaßen überstrapaziert im Bereich Bombast, der heuer wirklich nur noch mit den Beiwörtern Kitsch und Klischee über den Äther gejagt wird, klingt heutzutage so gut wie kein Power-Metal-Act. Ist natürlich auch was Einzigartiges, leider aber im Gesamten zumindest für meine Ohren fast schon abartig. Ständig nerven megatheatralisches Gejammer und unheilschwangere Kindergartenmelodien. Als Hörer bekommt man wirklich nur selten Atempausen von dem aufgeblasenen Schmonz. Kann man dann mal Luft holen, offenbaren POWERWOLF ihr wahres Gesicht und zeigen, dass sie zum einen gute Musiker sind und zum anderen auch befähigt sind, Kraftfutter für kräftige Metallerherzen zu schreiben. Leider begrenzen sich diese Zeiten auf nur wenige Minuten in der Gesamtspielzeit und so bleibt mir nichts anderes übrig, als dem sehr positiven Urteil über die letzte Scheibe und sehr negatives für die neue hinterher zujagen. Falsche Richtung Jungs, bitte wieder auf Kurs bringen!
[Alex Straka]











Hilfe, was ist denn das? Also bisher mochte ich POWERWOLF eigentlich immer ganz gerne, aber was die Band um die Gebrüder Greywolf und Sänger Atilla Dorn da abliefern, ist wohl der kitschigste Metal-Bolzen des Jahres 2009! Also ein wenig kitschig waren die Powerwölfe ja schon immer, aber mit "Bible Of The Beast" haben sie den Bogen wirklich überspannt! Supernervige Chöre in beinahe jedem Song, mit 'Moscow After Dark' als üblem Höhepunkt, zumindest was die Chöre angeht. Andere unsägliche Tiefpunkte sind das mit deutsch- englischem Mischgesang verseuchte "We Take The Church By The Storm", das absolut unterirdische 'Catholic In The Morning, Satanist At Night' und das Leslie Mandoki (DSCHINGIS KHAN)-Gedenklied 'Werewolves Of Armenia'. Diese vier Songs jagen mir wirklich eiskalte Schauer über den Rücken- aber keine schönen! Im Gegenteil, denn selbst diese unsagbar schlechten Songs haben so einen Ohrwurmfaktor das ich mir am Liebsten meinen Kopf gegen eine Wand geschlagen hätte, als ich "Lobet den Herrn, lobet den Herrn" (Refrain bei "We Take The Church By Storm") beim Spaziergang in der Fußgängerzone vor mich hingesungen habe. Bei solch seelischen Grausamkeiten können selbst die wenigen einigermaßen guten Songs wie 'Seven Deadly Saints' oder 'Midnight Messiah' nur noch Schadensbegrenzung betreiben, denn ohne Schmerzmittel oder eine Gehirnwäsche kann ich mir die Scheibe wohl nicht mehr allzu oft antun.
[Martin Schneider]












Könnte man beim kraftvollen, zwingend eingängigen 'Opening: Prelude To Purgatory'/'Raise Your Fist, Evangelist' noch vermuten, dass POWERWOLF auf "Bible Of The Beast" zwischen Anleihen bei HAMMERFALL, RAGE und Barockmusik noch den ein oder anderen THERION-Moment säen würde, so erweist sich bei fortschreitender Spielzeit, dass stattdessen nur der herkömmliche Power-Metal-Quark breitgetreten wird. Schon bei 'Moscow After Dark' wird es schwülstig, hier fühlt man sich an das Schlagerklischee von DSCHINGIS KHANs 'Moskau' erinnert. Selbst das mit mehreren Parts abwechslungsreicher aufgebaute 'Panic In The Pentagram' setzt in diesen dann wieder ganz auf einfache Melodien. HAMMERFALL und RUNNING WILD schwingen bei "Bible Of The Beast" immer wieder im dritten Ohr mit, sei es beim thrashigen "Black Hand Inn"-Drumming im mit reichlich "Ohooo" ausstaffierten 'We Take The Church By Storm' oder gar in der Rolf-Kasparek-Gedächtniskomposition 'St. Satan's Day' (nicht Bay?). HAMMERFALL scheint vor allem im speedigeren 'Midnight Messiah' und in 'Resurrection By Erection' durch, wo uns markige Sentenzen wie "Raise A Boner To The Sky, And You're Never Gonna Die" ins Stammbuch geschrieben werden. 'Seven Deadly Saints' mutiert mit lauter "oh"s & "ah"s zur Vokalorgie, und auch im tighteren 'Werewolves Of Armenia' wird inbrünstig ge"huh-hah"t. Alles Klischee, also? So ziemlich, allerdings hat POWERWOLF die Musik in ihren besseren Momenten äußerst dicht gefügt, sodass doch einige recht schmissige, und sowieso eingängige, Stücke zum Mitgehen dabei herauskamen. Deren Glanzlicht ist für mich das, allerdings mit "cathólic" eigenwillig intonierte, 'Catholic In The Morning ...Satanist At Night', wo der ohnehin kraftvolle Heavy Metal eine zusätzlich energetisierende Barockmusik- und Speedmetal-Spritze erhält. Für Power-Metal-Fanatiker genau das Richtige! Allerdings sollte man auf Texte wie "For Metal We Will Die, Metal In The Morning, Metal In The Night" klarkommen, sonst wird man an POWERWOLF keinen Gefallen finden. Endgültig übers Ziel hinaus schießt dann 'Wolves Against The World' mit epischem Bombast-Heavy-Metal, der an MANOWAR'sche Selbst-Persiflagen wie 'Herz aus Stahl' erinnert.
[Eike Schmitz]


Eine weitere Meinung zu "Bible Of The Beast" in Form einer ausführlicheren Rezension findet ihr hier.

Redakteur:
Martin Loga

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