Gruppentherapie: JOURNEY - "Eclipse"

18.06.2011 | 13:35

JOURNEY, die Könige des Melodic Rock, katapultieren sich auf den Spitzenplatz in unserem Juni-Soundcheck. Warum dies so ist, lest ihr in unserer Gruppentherapie. Rock on!


Was gibt es schöneres, als mit einer etwas höheren Geschwindigkeit über die Landstraßen und Autobahnen dieses Landes zu fahren und dabei den wohlig rockigen Klängen des neuen Silbereisens von JOURNEY zu lauschen? Konnten viele Rock-Legenden in den vergangenen Monaten einen unnachahmlichen Siegesspurt einheimsen (URIAH HEEP, MAGNUM etc.), so ist es den Amis um Beinah-Neuzugang Arnel Pineda auch vergönnt, mit "Eclipse" ein bärenstarkes Album einzuspielen. Auch wenn ich mit meinen jungen Lenzen noch nicht gänzlich alles von JOURNEY gehört habe, so bemerke ich doch in jedem der insgesamt zwölf Stücke die Weiterentwicklung, an der es 2008 bei "Revelation" in meinen Augen ein wenig haperte. Nun, im 15. Jahr nach der Wiedervereinigung der älteren Semester machen Songs wie das eröffnende 'City Of Hope' mit seinem schönen Refrain, das krachende 'Chain Of Love', 'Edge Of The Moment' oder dieses grandiose 'Ritual' ungemein Spaß. Da fällt selbst der etwas aufgesetzte Kitsch der balladesken Passagen nur kurz negativ auf. Auch der Gesang Pinedas passt bestens zum Gesamtsound, ohne dass die Altrocker auch nur ein bisschen an ihrer Ausstrahlung und Charisma einbüßen müssen. Sicherlich hätte man den einen oder anderen Song durchaus kürzen oder gar streichen können, um die Kurzweiligkeit der Eklipse zu pushen, aber überlebensnotwenig ist das keineswegs. So können wir in der Redaktion freudig festhalten, dass JOURNEY, wie auch die anderen Rock-Dinos, anno 2011 spürbar in den Jungbrunnen gefallen sind und eine Platte veröffentlichen, die mir selbst die längste Autofahrt ungemein versüßen kann. So darf man sich mit Recht auf die Tour mit FOREIGNER freuen.

Note: 8,0/10
[Marcel Rapp]


Nanü? Manchmal reibt man sich schon verwundert die Äuglein, zum Beispiel wenn JOURNEY mit ihrer neuen Scheibe den Soundcheck-Sieg einfahren. Gab es doch in den vergangenen Monaten einige deutlich stärkere Melodic-Rock-Silberteller (THE KORDZ, URIAH HEEP, MAGNUM - und ich streite mich jetzt nicht rum, was davon nun AOR und was dann doch melodischer Hard Rock ist - doch ausgerechnet dieser hier räumt ab, und dann auch noch mit einem solch deutlichen Vorsprung auf die Plätze?! Zwischen all den Lobeshymnen der Kollegen sei mal angemerkt, dass man melodische Rockmusik gerne auch mal mit packenden Riffs und Melodien ausstatten kann. Bereits der Opener 'City Of Hope' ist an Vorhersehbarkeit kaum zu überbieten und dieser beliebige, schon tausendfach gehörte Refrain macht auch nicht gerade große Lust auf die Scheibe. Mit 'Edge Of The Moment' kommt dann der beste Song von "Eclipse" und kurzzeitig meint man, JOURNEY könnten doch die Kurve kriegen. Doch im folgenden ergeht man sich in saft- und kraftlosen Nummern, die so dahin plätschern ohne wirklich schlecht zu sein. Doch da sollte man von einer Combo, die schon so lange dabei ist, ein bisschen mehr erwarten können. Wobei ich zugeben muss, dass mir im Moment auch kein einziger JOURNEY-Song einfällt, den ich immer noch so richtig toll finde (auch der an sich nicht schlechte, aber überpräsente Radiohit 'Wheel In The Sky' sowie der ultimative Schmachtfetzen 'Open Arms' haben sich mit der Zeit etwas abgenutzt). Doch die Kritik bleibt - spätestens wenn man sich die vollkommen schnulzige Ballade 'Tantra' anhört, die klingt, als könnte sie auch einer beliebigen Boygroup auf den Leib geschrieben worden sein. Süßlich kann ja durchaus richtig gut sein, aber das hier ist ein Schuss in den Ofen. Auch wenn bei JOURNEY mit Sicherheit sehr fähige Musiker am Start sind, den Songs fehlt es schlicht an Substanz.

Note: 6,0/10
[Stephan Voigtländer]


Dass die Band JOURNEY seit mehreren Dekaden die Messlatte in Sachen AOR festlegt, dürfte bekannt sein. Während der Vorgänger "Revelation", auf dem Arnel Pineda seinen Einstand als Nachfolger von Augeri und natürlich Goldkehle Steve Perry feiern konnte, in meiner Liste der coole Kuschelrockscheiben eher im hinteren Bereich der internen Diskographie anzusiedeln ist, kracht "Eclipse" sofort in mein Plüschherz. Schon der granatenhafte Opener 'City Of Hope' erfreut mit einer superben Ohrwurmmelodie, aber auch mit einem rattenscharfen Neal-Schon-Saitenangriff. Und zum Glück geht es in dieser Qualität weiter. Bis auf 'She's A Mystery', welches mir ein bisschen zu süßlich klingt, haben die Altvorderen auf "Eclipse" ausschließlich Gourmet-Ware abgeliefert. So entpuppt sich das ziemlich harte, von bratenden Gitarren getragene 'Chain Of Love' schnell als weiteres Superhighlight, welches als Vorlage zum sanftmütigen 'Tantra' obendrein einen exzellenten Kontrast bietet. Und wenn ich sanftmütig schreibe, darf man das bei JOURNEY auch genau so auffassen. Kitsch, mag der beinharte Metaller jetzt sagen. Aber erstens hat man als MANOWAR-Hörer gar kein Recht diesen Begriff negativ behaftet zu betrachten und zweitens ist es erstklassiger Kitsch. Also Klappe halten oder besser machen. Oder 'Ritual' anhören und sich freuen.

Note:
9,0/10
[Holger Andrae]


Schon "Revelation", der Einstand von Arnel Pineda, hat klar gemacht, dass Neil Schon & Co. den perfekten Nachfolger für Steve Perry gefunden haben. Auf "Eclipse" wandert Pineda weiter genüsslich in den übergroßen Schuhen des einstigen vokalen Aushängeschilds der Band und liefert eine makellose Leistung ab. Doch "Eclipse" ist nicht nur ein gutes Album der AOR-Dinosaurier, sondern ein überraschend rockiges Werk, welches man in punkto Härte und - Achtung! - Qualität am ehesten mit "Frontiers", dem Meilenstein aus dem Jahr 1983, vergleichen kann. Egal, ob das eröffnende 'City Of Hope', das ungemein spannende 'Chain Of Love', 'Resonate' oder der gnadenlose Ohrwurm 'Ritual', sie alle verbinden eine Menge Drive mit großartigen Melodien und einprägsamen Refrains, die man zwar bereits nach dem zweiten Durchgang mitsingen kann, aber dennoch genug Tiefe bieten, um auch nach mehr als 20 Durchläufen noch keine Abnutzungserscheinungen aufzuweisen. Das liegt sicher auch daran, dass man sich mit dem Aufbau der Songs Zeit lässt. Kaum ein Song ist kürzer als fünf Minuten, der Großteil kommt sogar erst nach sechs Zeigerumdrehungen ins Ziel. Und doch ist alles kurzweilig, da Schon, Castronovo und Co. auf ihren Instrumenten immer Farbtupfer setzen können. Um es kurz zu machen: Die Rocker von JOURNEY machen mit "Eclipse" alles richtig und beweisen einmal mehr, dass sie der Maßstab für die gesamte Szene sind. Superb.

Note: 9,0/10
[Peter Kubaschk]


Was macht schöne Musik aus? Ganz einfach: Sie muss gefallen. Natürlich kann auch weniger schöne, dafür intelligente oder sonstwie geartete Musik gefallen, doch das ist für die Beschreibung des neuen JOURNEY-Albums nicht so wichtig. Muss "schöne" Musik kreativ sein? Kreativ im Sinne von originell, tiefgehend, intellektuell? Offensichtlich nicht. Denn "Eclipse" schmiegt sich in das Ohr des Hörers wie ein sanftes Kätzchen in den Schoß an einem lauen Sommerabend. Ist es das also, der Inbegriff gut gemachten AOR? Denn dem Album ermangelt es an allem, was Musik für mich so spannend macht: Emotionen werden präsentiert, wie durch einen Filter dargestellt, aber nicht gelebt. Es gibt Bands, die erzeugen Landschaften durch ihre Kreationen, JOURNEY merkt man zu jeder Sekunde an, dass sie lediglich davon erzählen. Dazu trägt vor allem der Gesang von Arnel Pineda bei, der durchweg gut singt, dabei aber keine Tiefe, keinen echten Ausdruck in seine Stimme bekommt. Da kann auch die durchaus ansprechende Instrumentalarbeit nichts dagegen ausrichten, denn die schmeichelnde Stimme von Pineda ist der Gleichmacher in dieser Kakophonie der Farblosigkeit - dabei gibt es Bands wie ASIA, die Schönheit, Tiefgang und die richtige Art der Gefühle geradezu genial verbinden! Vieles, zu vieles scheint kalkuliert auf "Eclipse", dadurch wirken Arrangements austauschbar und lassen das gewisse Etwas vermissen, das Musik von der Hintergrundbeschallung zur echten Kunst erhebt. Das erste Mal, wenn der Genius der Musiker wie der Springteufel aus Kiste springt, markiert sogleich das Ende dieses Albums, denn das rhythmische Chaos und die aufbrausenden Gitarren in 'Venus' zeigen, zu was die Band eigentlich im Stande wäre. Und so bleibt ein mehr als fader Beigeschmack zurück, der letztendlich wohl nur eines beweist: AOR ist nichts für mich.

Note: 6,0/10,0
[Julian Rohrer]


Generell bin ich kein allzu großer Fan des Melodic Rock, was jedoch keineswegs ausschließt, dass starke Genre-Veröffentlichungen nicht mein Ohr und meine Geist erfreuen. Denn Qualität setzt sich durch. Und das aktuelle Studioalbum der Altrocker JOURNEY hat in Sachen Klasse vieles zu bieten. Überraschend hart rocken sich Amis durch eine mustergültig arrangierte und leidenschaftlich eingespielte Scheibe, die AOR der Spitzenklasse bietet. Das schnörkellos rockende Eröffnungsstück 'City Of Hope' ist bereits ein Volltreffer mit satten Ohrwurmqualitäten. Das nachfolgende 'Edge Of The Moment' erinnert ein wenig an MAGNUM und wird durch treibende, mitreißende Gitarren und einen sahnigen Pre-Chorus abgerundet. Die Assoziation "Melodic Rock"= Schmalz kommt bei diesem JOURNEY-Werk gar nicht erst auf. Denn geschmackssicher und von Arnel Pineda ausgezeichnet gesungen geht die tolle Ballade 'Tantra' sogar als mein persönliches Highlight dieser Scheibe hervor. Stärkeren Melodic-Rock hört man allenfalls alle Schaltjahre mal! Das hohe Niveau dieser vorzüglich produzierten und gemixten Scheibe weist keinerlei Ausreißer nach unten auf, so dass ich "Eclipse" allen Melodic-Rock-Fans ausdrücklich empfehle. Mit einer derart starke Scheibe muss die Konkurrenz erst einmal mithalten können.

Note: 9,0/10,0
[Martin Loga]


Das neue Album von JOURNEY gewinnt den Powermetal.de-Soundcheck? Kann das sein? Oder müssen wir uns bald in Jurassic-Metal.de umbenennen? Die Band JOURNEY ist ein Jahr älter als ich alter Sack und fehlt auf kaum einer Classic-Rock-CD, die von Mitfünfzigern so gerne zu Weihnachten verschenkt werden. Zugegeben, Songs wie 'Who's Crying Now' oder 'Wheel In The Sky' gehören zu den kanonischen Werken des Melodic Rock und schon das 2008er-Album "Revelations" zeigte, dass Neil Schon und Mitstreiter bestimmt noch lange kein Fall für die Pflegeversicherung sind. Auch "Eclipse" macht schnell Freude, was vor allem am absolut perfekten Handwerk liegt. Die Platte ist schlichtweg großartig produziert, Arnel Pineda ist ein fantastischer Sänger, der sich hinter Steve Perry bestimmt nicht verstecken muss, und die Gitarrenarbeit ist gerade für eine Melodic Rock-Scheibe erstaunlich lebendig und facettenreich. Wenn ein Mr. Schon die Lead-Axt schwingt, geraten die Solo-Parts schon mal zu Highlights. Schaut man sich dann aber das Songwriting genauer an, kann ich die Begeisterung meiner Kollegen nur bedingt teilen. Zu wunderbaren Perlen, wie dem unglaublich intensiven Meisterwerk 'Chain Of Love' (hat jetzt schon einen Platz in der Melodic Rock Hall Of Fame sicher), dem hymnischen 'City Of Hope', dem nachdenklich-bewegenden 'Resonate' und dem freudestrahlenden 'Ritual' gesellt sich einiges an Stangenware. 'Edge Of The Moment' ist sehr ordentlich, aber eben auch nach Schema F gebaut, die Balladen ''Tantra' und 'She's A Mistery' sind hoch professionell gemacht, aber langweilig, und 'Anything Is Possible' könnte künstlerisch abgespeckt und mit deutschem Text auch das Schlager-Publikum beglücken. Außerdem ist das Album zu lang geraten. Um einen Song länger als sechseinhalb Minuten laufen zu lassen, braucht man schon einen besseren Grund als ein überflüssiges Intro und zahlreiche Variationen über den Chorus. Mein Fazit ist, das "Eclipse" gut rein läuft und eine Menge Spaß macht, aber nicht so immens aus dem zeitgenössischen Melodic-Rock-Angebot heraus ragt, um hier so brutal abgefeiert zu werden. Ähnlich starke Werke habe ich auch schon von sträflich vernachlässigten Acts wie PRIDE OF LIONS oder ECLIPSE gehört.

Note: 7,5/10
[Martin van der Laan]

Redakteur:
Martin Loga

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