Gruppentherapie: ARMORED SAINT - "Win Hands Down"

09.06.2015 | 11:39

Beim letzten Mal mit "La Raza" im Soundcheck noch von schwedischem Death Metal auf den Silber-Platz distanziert, haben die Mannen um John Bush nun endlich Gold eingefahren. Die Therapeuten sind sich relativ einig, dass die aktuelle Scheibe ein Knaller ist, lesenswert sind ihre Einschätzungen zu "Win Hands Down" aber allemal.

 

Man ist immer in Zweifel und fürchtet sich ebenso davor wie man sich freut, wenn eine seiner Lieblingsbands ein neues Album veröffentlicht. Aber schon lange nicht mehr war diese Furcht so unbegründet wie in diesem Fall! ARMORED SAINT ist eine, vielleicht DIE zuverlässigst liefernde Band in unserem Spiralarm. "La Raza" deutete eine gewisse Ausgeglichenheit an, und ich hatte erwartet, dass es in diese Richtung weitergeht, aber Pustekuchen! ARMORED SAINT springt wieder kopfüber in den Metal und liefert das beste Metalalbum des Jahres ab! Das einzige, was die Höchstwertung verhindert, ist 'Dive', welches bei mir einfach nicht über das Prädikat "sehr gut" hinauskommt und ein paar ungewöhnliche Zwischenspiele, die den Drive gelegentlich ein wenig herausnehmen. Also behalte ich mir meine 10 noch vor für dieses Jahr, auch wenn ich zweifle, ob das noch getoppt werden wird.

Note: 9,5/10
[Frank Jaeger]

Zu diesem Album kann man einfach nicht mehr sagen: Es ist großartig! Vielleicht zünden einige Stücke auf "Win Hands Down" nicht beim ersten Mal, vielleicht fehlt wenigen auch der letzte entscheidende Biss. Doch was mir an der Musik von ARMORED SAINT seit Jahren am wichtigsten ist, ist die Tatsache, dass sie von Herzen kommt. Allein die ersten beiden Stücke, das Titellied und 'Mess', sind das Offenherzigste, Ehrlichste und Sympathischste, was ich seit Jahren gehört habe. Man merkt Bush und Konsorten in jeder einzelnen Sekunde dieses wahnsinnig starken Outputs an, dass sie seit Menschengedenken eng miteinander befreundet sind und dadurch ARMORED SAINT einfach wie keine zweite Band miteinander harmoniert. Es wird gerockt, es wird gerifft, ohne dass zwischenzeitlich die kleinen Ruhephasen vergessen werden, nur um im Anschluss noch mehr Fahrt aufzunehmen. "Win Hands Down" zaubert uns, euch und allen, denen Authentizität in der Musikbranche noch annähernd wichtig ist, ein verträumtes Lächeln auf die Lippen. Hier kamen begnadete Musiker mit überaus tollen Songideen zusammen, umarmten sich, plauderten ein wenig und zockten als großes Ganzes einfach ein unheimlich warmherziges Metalalbum ein. In einer Zeit, in der oftmals jenes Kriterium viel zu kurz kommt, ist "Win Hands Down" ähnlich erfrischend wie eine kühle Brise an heißen Sommertagen.

Note: 9,5/10
[Marcel Rapp]

Für traditionelle Töne bin ich bekanntlich schwer zu begeistern, 2015 konnte mich bisher nur ARTIZAN zu einer guten Bewertung reizen, aber ich muss sagen, dass ARMORED SAINTs "Win Hands Down" ordentlich Feuer spuckt. Der Sound pustet gehörig die Ohren durch, die Riffs sind erste Sahne, lecker! Im Gegenzug zu anderen konservativen Metalbands kann ARMORED SAINT zudem mit einem Sänger aufwarten, der tatsächlich die Töne trifft und ein starkes Organ hat. Die Songs haben alle ein ähnliches Niveau, richtige Tief- aber auch Höhepunkte lassen sich nicht ausmachen. Das balladeske 'Dive' hätte man sich sparen können, okay. Spätestens mit der zweiten Hälfte ist das Feuer jedoch verschossen und es stellt sich bei mir eine gewisse Langeweile ein. "Win Hands Down" macht über weite Strecken Spaß, ist gut produziert, ja springt einen regelrecht an, was mir gut gefällt. Ein Daumen geht nach oben!

Note: 7,5/10
[Jakob Ehmke]

Mich selbst würde ich als großen Fan des "echten" Power Metals bezeichnen, obwohl ich mich mit ARMORED SAINT bislang nicht ernsthaft auseinandergesetzt habe [einige hier würden das wohl als Widerspruch in sich bezeichnen - Anm. d. Red.], die ja als Institution eben jener Stilrichtung gelten und zahlreiche konstant begeisterte Fans vorzuweisen haben, wie man auch an den vorangegangenen Lobpreisungen der Kollegen sieht. Warum ich die gepanzerten Heiligen also bislang weitestgehend verschmäht habe, kann ich mir jetzt, wo ich "Win Hands Down" seit Wochen in der Dauerrotation habe, selbst nicht mehr erklären. Das Album riss mich nämlich von jetzt auf gleich mit, denn die Spielfreude und Lässigkeit, mit der die Band um John Bush und Joey Vera frei von der Leber weg musiziert, sucht Land auf Land ab vergeblich ihresgleichen. Vergleiche mit den Klassikern der bandeigenen Historie kann ich keine ziehen, da ich weitestgehend ohne Vorkenntnisse, aber auch ohne Befürchtungen an "Win Hands Down" herangegangen bin. Dafür haben sich aber alle Hoffnungen bewahrheitet: John Bush singt fantastisch, instrumental brennt nichts an, sondern alles rockt wie Sau. Die Songs sind abwechslungsreich und Hitpotenzial ist dank großer Hooklines wie im Titeltrack (und im Grunde auch jedem anderen Song) massiv vorhanden. Nicht jeder Song setzt sich sofort fest, die Ballade 'Dive' und das Duett 'With A Head Full Of Steam' schlagen mit ihrer Andersartigkeit positiv aus der Art, doch die Langzeitwirkung verspricht dafür umso größer zu sein. "Win Hands Down" begeistert von Anfang bis Ende, da es leicht zugänglich ist ohne übertrieben eingängig oder gar stumpf zu sein, nicht mit Klischees um sich schmeißt und dennoch zu jeder Zeit 100% "echten" Power Metal verkörpert. In aller Kürze und Deutlichkeit sei deshalb zum Abschluss gesagt: Hier hat der Frosch die Locken!

Note: 9,5/10
[Arne Boewig]

Des Albums selbstbewusster Titel könnte fast darauf gemünzt sein, dass die Scheibe bei uns den Soundcheck im Sturm nehmen würde. Ja, der Maisieg kam ebenso wenig unerwartet wie Peters Vollpunktreview und die doch sehr ordentliche bis herausragende Einschätzung der Kollegen Therapeuten. Wenn es um die gerüsteten Heiligen geht, muss ich sagen, dass ich nie der ganz große Fan war, wie etwa Peter und Frank, da mir der bodenständige, straight rockende und groovende Metal ja meist nur zweitliebstes Kind nach dem epischen, theatralischen und imagebeladenen Metal ist. Dennoch habe ich natürlich die Karriere der Band seit gut 20 Jahren verfolgt und jedes Album mit großer Freude gehört, und so verhält es sich nun auch mit "Win Hands Down". Konnte ich zu Anfang der Soundcheck-Phase kaum Zugang finden, weil andere Stilpräferenzen die intensive Begegnung mit dem Album vereitelten, so ist der Knoten alsbald nach dem Kauf der schönen CD+DVD-Box dann doch geplatzt. Das kalifornische Quintett sprüht auf "Win Hands Down" nur so vor Energie, vor ehrlichem Groove, unaufgesetzter technischer Finesse vierer instrumentaler Meisterkönner, die sich Riffs, Leads, Bassläufe und Fills der Extraklasse aus den Fingern schütteln als wäre es die leichteste Übung der Welt. Dazu kommt natürlich John Bushs unter die Haut gehende Zauberstimme und die von Joey Vera, Bill Metoyer, Jay Ruston und anderen herrlich organisch und lebendig realisierte Produktion. Ja, die neue ARMORED SAINT zeigt mal locker vier Fünfteln der aktuell noch aktiven alten US-Metal-Helden, was eine Harke ist, und vor allem wie man feinen Heavy Metal produziert, ohne dass sterile Drums alles zuballern, ohne dass übersteuerte Gitarren die Ohren zum Bluten bringen, und ohne die Feinheiten und Nuancen einer gefühlvoll komponierten und eingespielten Platte im Krachoverkill zu ersäufen. Eine tolle Scheibe, ohne Wenn und Aber, und auch für einen, der seine Heimat eher im klischeebeladeneren US Metal hat, ein absolutes Referenzwerk dafür, wie gut Heavy Metal von einer altgedienten Band heute in handwerklicher, kompositorischer und künstlerischer Hinsicht noch produziert und gelebt werden kann. Scharf! Vor allem für Besucher des "Keep It True XII" (2009), die auf der Bonus-DVD den kompletten Gig als ganz besonderes Erinnerungsstück finden.

Note: 9,5/10
[Rüdiger Stehle]


Mehr zu diesem Album:

Soundcheck 05/2015
Review von Peter Kubaschk

Redakteur:
Stephan Voigtländer

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