Gruppentherapie STATUS MINOR - "Ouroboros"

26.04.2012 | 22:27

STATUS MINOR, eine No-Name-Band aus Finnland landet - zusammen mit den Italienern ADRAMELCH - auf dem dritten Platz unseres April-Soundchecks. Wer sie sind, was sie machen und warum sie uns gefallen, erfahrt ihr in der Gruppentherapie!

Ein mediterraner und ein nordischer Kandidat teilen sich in unserem April-Soundcheck den dritten Platz, und sowohl die Italiener als auch die Finnen widmen sich mit ganzem Herzen progressiven Klängen. Beide geben sich verspielt, mit viel Liebe zum Detail und mit viel Gespür für große Melodcoverien. Doch wo es bei den alten Kult-Proggern von ADRAMELCH eher einwillig und auch etwas verschroben zugeht, da liegen die Jungs von STATUS MINOR eher am Puls der Zeit in Sachen Genreprog. Das führt insgesamt zu einem kristallklaren, durchaus ein wenig kalten Klangbild, das den klassischen Melodiebögen der Instrumentalisten und den schönen, glockenhellen männlichen und weiblichen Gesängen viel Raum gibt. Gerade das Piano kann bei 'Confidence And Trust' sehr gefallen, und auch die Gitarren geben sowohl in den verspielten als auch in den wuchtig riffenden Momenten eine tolle Vorstellung ab. Auf mich wirkt die gewählte Stilistik, die Produktion und die musikalische Ausführung leider ein wenig zu unterkühlt und distanziert, um mich richtig zu packen, aber für Genreprogger und Freunde anspruchsvoller und transparent in Szene gesetzter, hoch melodischer Klänge, ist STATUS MINORs Zweitwerk fraglos eine ganz große Sache.


Note: 7,0/10
[Rüdiger Stehle]

 

Wer mich kennt, der weiß, dass ich kein sonderlich großer Liebhaber diverser Prog-Klänge bin. Umso erstaunlicher, dass ich hier nun doch einmal eine Note jenseits der Mittelmäßigkeit zücke. Erfreulich für mich, dass solch ein Ereignis dann sogar das Treppchen erreicht hat. Doch warum haben STATUS MINOR mit "Ouroboros" dieses Kunststück geschafft?
Musik wird für mich dann zu etwas Besonderem, wenn sie es schafft, mich emotional derartig zu bewegen, dass sie einen völlig anderen Gemütszustand hervorhebt, fernab von jenem, den ich vor dem Hören dieser Platte hatte. Und mit all diesen wunderschönen, teils raffinierten und ausgeklügelten Momenten schafft es diese finnische Kombo beinah über die gesamte Spielzeit, mich zu fesseln, mich nachdenklich und melancholisch zu stimmen und mich mit schlichtweg sehr guten, progressiven Klängen zu versorgen. 'Hollow' lässt mich samt dieses schönen Refrains davonfliegen, 'Smile' und das eröffnende 'The Wind' sind vertrackt flotte Highlights und das halbballadeske 'Flowers Die' ist mit einer derart gefühlsbetonten Hingabe verfasst, dass ich mich einfach fallen lassen kann. Hierbei liegt der Pudels Kern bei den Balladen: 'Like A Dream' und 'Confidence And Trust' sind unbeschreiblich, absolut emotional und bewirken diese positive, sanfte Melancholie. Und wenn eine Band wie STATUS MINOR solch ein Spektrum an Gefühlen auffährt, dann kann auch der etwas simpel gestrickte Verstand des Verfassers, der einen dicken Kloß im Hals bekommt, ruhig eine hohe Punktzahl vergeben. (Anm. TB: Lieber Marcel, hast Du beim Hören von "Ouroboros" etwa Dein Gehirn verschluckt?)

Note: 9,0/10
[Marcel Rapp]

 

Offensichtlich hat "Ouroboros" unserem Marcel wirklich ein wenig den Kopf verdreht. Derart, dass die gewählten Mittel für das Erreichen der Schönheit zur Nebensache werden. Und im Grunde ist das ja tatsächlich das größte Kompliment, welches man Musik machen kann. Für Euch seien hier aber dennoch neben der emotionalen Deskription noch ein paar kleine Fakten genannt, die das von Marcel völlig richtig gezeichnete Bild abrunden. Die Finnen sind durchaus progressiv, wenn man damit anspruchsvolle, leicht verschachtelte Kompositionen verbindet, die allerdings auf ausufernde Instrumentalpassagen verzichten. Wer dabei an eine Band wie PAGAN'S MIND denkt, liegt nicht ganz falsch, darf aber deren Neigung zum Kitsch abziehen. Und das obwohl bei einem Song wie dem traumhaft-dramatischen 'Like A Dream' ELUVEITIE-Dame Anna Murphy sich für die Vocals mitverantwortlich zeichnet. Die Stimme von Sänger Markku Kuikka hat zwar diese immer wiedererkennbare nordische Stimmfarbe, singt aber kräftiger und meines Erachtens nach ausdrucksstärker als ein Janne Hurme (HUMAN TEMPLE) oder ein Nils K. Rue (PAGAN'S MIND). Diese beiden sind dann sicher auch die Aushängeschilder von "Ouroboros", da sie den anspruchsvollen Songstrukturen einen eigenen, sehr eingängigen Stempel aufdrücken. Hier sollten also Fans von den bereits genannten PAGAN'S MIND ebenso zugreifen, wie Freunde von SHADOW GALLERY, CIRCUS MAXIMUS oder sanften SYMPHONY X. Starkes Album.

Note: 8,0/10
[Peter Kubaschk]

Bandphoto von Homepage

Mit einigem Erstaunen und noch größerer Freude habe ich das erfolgreiche Abschneiden von STATUS MINOR im April-Soundcheck zur Kenntnis genommen. Eigentlich fasst die Mehrzahl meiner werten Kollegen solche Bands, die ihre Wurzeln im melodischen Power Metal haben und durchaus auch gerne mal symphonische Arrangements verwenden, doch nicht mal mit Handschuhen an. Förderlich war es da vermutlich, dass "Ouroboros" bei aller Liebe zur großen Geste über jeden Kitsch-Verdacht meilenweit erhaben ist. Vielmehr trägt dieses hoch begabte Quintett aus Tampere seine fantasievollen, emotional aufwühlenden Kompositionen mit einer hervorragend temperierten Mischung aus gesunder Härte und technischer Versiertheit vor. Die von Peter angeführten Vergleiche zu (bisher) bekannteren Referenzbands treffen die Nägel eigentlich ganz gut auf die Köpfe, wobei ich mich aber schwer damit tue, STATUS MINOR in die Progressive-Metal-Schublade zu stecken. Klar, die Songs sind allesamt äußerst abwechslungsreich und vielschichtig konstruiert, doch ihren eigentlichen Reiz macht das umwerfende ästhetisch-melodische Gespür der Jungs als Musiker und Songwriter aus. Diese Lieder erzählen Geschichten – und das nicht nur durch die exzellenten Gesangslinien, sondern auch und vor allem durch ihre fesselnde und atemberaubende musikalische Dramaturgie. Wenn hier verträumte Piano-Spuren in einen wogenden Untergrund aus leidenschaftlicher Stimme, treibender Rhythmusgruppe und kreativ gestaltender Gitarre getupft werden, dann kann ich nur respektvoll meinen Hut ziehen vor STATUS MINOR. Abgerundet wird "Ouroboros" durch eine wunderbar klare, druckvolle und transparente Produktion, die klingt wie edle Zartbitterschokolade schmeckt. Soviel steht fest: Hier wächst eine ganz große Band heran.

Note: 8,5/10
[Martin van der Laan]

Und ich dachte, ich würde mit meiner Note am oberen Ende der Skala für "Ouroboros" kratzen, statt dessen bin ich grad mal im Mittelfeld. Darum mache ich jetzt hier den Miesepeter. Denn die Lobeshymnen der Kollegen kann ich vollständig nachvollziehen, so dass ich eigentlich nur erklären kann, warum es dann doch nicht zu mehr reicht. Also: Ich finde die Scheibe absolut toll, dies bitte im Hinterkopf behalten. Doch die finnischen Progger haben eben ein paar kleine Schwächen eingebaut, zum Beispiel die Tatsache, dass sie im Mittelteil das Piano zu sehr dominieren lassen, und zumindest das Instrumental für mich deplaziert wirkt. Die sehr deutlichen DREAM THEATER-Anleihen sind in ihrer Offensichtlichkeit auch als Makel zu erwähnen, wie der lange Rausschmeißer 'Sail Away' deutlich macht, dessen Anfang mehr an DT erinnert als so manches Original. Natürlich ein toller Song, aber dann doch nicht originell. Auch sonst huldigen sie diesen Vorbildern allzu häufig allzu sehr, ein anderes schönes Beispiel dafür ist 'Hollow'. Und einen kleinen Abzug gibt es auch noch dafür, dass man eben doch nicht immer ganz das Gedudel umschiffen kann. Aber sonst: Stark.

Note: 8,0/10
[Frank Jaeger]

Redakteur:
Thomas Becker
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