Gruppenthearpie HARDLINE-"Danger Zone"

21.05.2012 | 08:01

Der gediegene Hardrock von HARDLINE bildet den ersten Fuß unseres Spitzentripoden im Mai-Soundcheck aus. Ob AOR jedoch nur von den ergrauten Soundcheckweisen gemocht wird, oder ob er auch bei der Jungspundfraktion eine Chance hat, dies klärt die große Gruppentherapie.

Das italienische Label Frontiers Records ist eine der Premiumadressen in Sachen AOR und Melodic Rock, und so ist es keine Seltenheit, dass eine der Veröffentlichungen dieser Plattenfirma unseren Soundcheck etwas durcheinander wirbelt. Dass es jedoch für den Spitzenplatz reichte, das ist nun auch schon wieder ein knappes Jahr her. Damals war JOURNEY der Soundchecksieger, und nachdem deren Saitenmann Neal Schon früher auch mal bei HARDLINE aktiv war, scheint es nur konsequent, dass der Staffelstab in diese Richtung übergeben wird. Die im Vergleich zur Frühzeit Anfang der Neunziger völlig umbesetzte Band um AXEL RUDI PELLs Frontmann Johnny Gioeli punktet im Jahre 2012 damit, dass die Scheibe nicht nur die Stammhörer des Genres fasziniert, sondern auch harten Metallern ein mildes und breites Grinsen ins Gesicht zaubert. Der Breitband-Stadionrock ist einfach bärenstark produziert, der Gesang ist schlicht großartig, und die Songs bedienen die ganze Spannweite zwischen klassischen BON JOVI, aktuellen JOURNEY und eben AXEL RUDI PELL. Da kann man als Freund der einschmeichelnden Melodien und des gepflegten Rockens eigentlich nur den Daumen ganz weit nach oben recken.


Note: 8,0 / 10
[Rüdiger Stehle]

 

Wieso habe ich die Herren eigentlich immer so stiefmütterlich behandelt? Ihr mittlerweile viertes Album mit dem unoriginellen Namen "Danger Zone" beweist, dass ich damit einen Fehler gemacht habe. Denn nahezu perfekt gemachter AOR mit der richtigen Mischung aus Power und Gefühl ist eigentlich genau meine Baustelle. Zumal Johnny Gioeli - die einzige Konstante im Band Line-Up - ein ausgezeichneter Sänger ist. Dass Neil Schon mit seinen JOURNEY-Lorbeeren einst der Band angehörte, sollte nach zwanzig Jahren nur noch eine Randnotiz sein, auch wenn es natürlich schon einen Eindruck der musikalischen Ausrichtung gibt. Aber spätestens mit diesem Album, und in Anbetracht der Tatsache, dass HARDLINE offensichtlich die Kurve gekriegt zu haben scheinen und nicht nur alle 10 Jahre mal ein Album veröffentlichen, muss man die Band auch ohne berühmten Steigbügelhalter auf der Landkarte des Melodic Rock fett einkreisen. Eine tolle Gute-Laune-Platte, passend zum beginnenden Sommer!

Note: 8,0/10
[Frank Jaeger]



Schande über mein jämmerliches Haupt, dass mir die AOR-Rocker von HARDLINE bis vor dieser sensationellen Veröffentlichung nichts sagten. Doch diese Stimme, diese charismatischen, markanten und vor Aussagekraft nur so strotzenden Vocals kommen selbst mir Jungspund äußerst bekannt vor. So ist es auch kein Wunder, dass der gute Herr Gioeli mit seinem Gesangsorgan "Danger Zone" zu einem absoluten Hardrock-/AOR-Geheimtipp avancieren lässt. Ein Paradebeispiel jener Sparte, welches von Durchgang zu Durchgang stetig wächst und somit vollkommen zu Recht auf dem Treppchen landet. Die Riffs sitzen, Abwechslung ist garantiert, die Füße wippen, es wird geschunkelt, gerockt bis die Ohren schlackern und ein wohlig warmer Film breitet sich auf dem gesamten Körper aus. Ich bin restlos begeistert, was HARDLINE mit ihrem vierten Album fabrizieren und welchen gutklassigen Stadionrock die Herrschaften hier von der Leine lassen. '10000 Reasons', das gefühlvolle 'Stronger Than Me', das geniale 'Look At You Now' oder 'Stay', die Palette an Ohrwürmern ist hoch, das Maß an Gefühlen und Emotionen zum Greifen nahe, sodass ich selbst beim x-ten Rundgang noch vollkommen aus dem Häuschen bin und mich mit Körper, Geist und Seele diesem rundum gelungenen Unterfangen beugen kann. Eine Wonne für Freunde und Fans dieser Sparte und jene, die es noch werden möchten.

Note: 9,0/10
[Marcel Rapp]

Ähem. Bei wem sich beim Hören dieser Platte ein breites Grinsen oder wohlig-warme Schauer einstellen, der hat wohl ein musikalisches Gen, welches mir komplett abgeht oder etwas geraucht, das ich nicht kenne. Was HARDLINE hier abliefern, ist doch an Eintönigkeit, Belanglosigkeit und Biederkeit nicht zu überbieten. "Danger Zone" tropft aus den Boxen wie ein klebriger Kleister aus Schmalz, Plüsch und Kitsch (wie solch eine Soße optisch aussehen soll, weiß ich zugegebenermaßen auch nicht, aber es klingt irgendwie treffend). Im Ernst, dieses Album steht für mich exemplarisch für all dieses süßliche, völlig kraftlose und mit Tralala-Melodien übertünchte Gedudel, das einem nicht weh tun soll, tatsächlich aber nur dröge und schmalzig vor sich hin langweilt. Da kommt keinerlei Atmosphäre auf, die Songs sind austauschbar und völlig vorhersehbar gestaltet, von einer gewissen Prägnanz oder ein paar packenden Ideen ganz zu schweigen. "Danger Zone" offenbart sicher keine groben spielerischen Patzer oder richtig mieses Geschepper, aber das Songwriting ist dermaßen einfallslos und unoriginell und die Intonierung so seicht und glatt geleckt, dass es dann doch einiges an Überwindung kostet, die Scheibe für diesen Beitrag nochmals komplett durchzuhören. Das habe ich nun getan und gehe insoweit mit, das Ganze als höchst melodischen Stadion- oder Radio-Rock zu klassifizieren - dazu taugt das Gehörte sicher, aber dass dafür eben nicht gerade der höchste Anspruch an Musik gilt, dürfte speziell in diesen Hallen durchaus bekannt sein. Dann lieber mal gar nichts hören, als sich von so etwas einlullen zu lassen.

Note: 5,0/10
[Stephan Voigtländer]

Ich denke nicht, lieber Stephan, dass man die Genetik bemühen muss um zu verstehen, warum so viele hier auf die neue HARDLINE abfahren. Vielmehr glaube ich, dass es sehr hilft, wenn man als kleiner Junge Miami Vice geguckt hat (wegen der tollen Autos natürlich), mit Rocky Balboa und dem Auge des Tigers groß geworden ist und von Jon Francis Bongiovi samt seiner Crew die Tücken der Liebe erklärt bekommen hat. Ich gebe zu, dass unter dem Etikett AOR schon viel zu viel Durchschnitt und Schrott veröffentlicht wurde und immer noch wird. Auf "Danger Zone" allerdings passt so ziemlich alles, meine Damen und Herren! Schon die ersten Töne des Openers 'Fever Dreams' klingen so sehr nach Cabrio, Sonne und Longdrinks, dass sich sofort ein breites, entspanntes und lässiges Grinsen auf dem Gesicht breit macht. Was dann folgt, ist geradezu beeindruckend professionell und treffsicher inszeniert. Plüschrock vom Feinsten wird geboten, der alle Eigenschaften besitzt, die diese Musik braucht - nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die noch schwerer wiegenden Selling Points dieses Albums aber sind, dass HARDLINE es bei zwölf Songs auf mindestens zehn kleine bis größere Hits bringt (Mit '10000 Reasons' ist sogar ein kommender Klassiker dabei!) und dass hier ein Mann namens Johnny Gioeli singt, der pures Gold in der Kehle hat. Das alles macht "Danger Zone" zu einer der besten AOR-Platten, die in diesem Jahrtausend erschienen ist.

Note: 8,5/10
[Martin van der Laan]

Tja, da haben meine Vorredner ja schon ganze Arbeit geleistet und die wichtigsten Punkte vorweggenommen, von der prominent besetzten Vergangenheit bis zur Tatsache, dass HARDLINE wohl an uns allen vorbeigelaufen sind - bisher. Denn auch in einem weiteren Punkt kann ich nur zustimmen: diese Scheibe ist absolut klasse! Von einem AOR-Album erwarte ich ja eigentlich geradezu, was Stephan nicht gefällt: flauschige Plüschigkeit, stadionkompatible Melodien, schleimigen Kitsch und Pathos, vermengt mit kraftvoll rockenden Liedern, das alles natürlich in homöpathischen Dosen. Schon der Opener bringt genau das: 'Fever Dream' lädt ein, die Sonnenbrille zu entstauben, mit einem Drink in den Ferrari zu hocken und zu cruisen. Denn genau dieses Sommer, Sonne, Sonnenschein-Flair bricht hier aus jeder Note, man geht automatisch breitbeinig rockend und die Laune hebt sich merklich, woran vor allem der begnadete Gesang den Löwenanteil hat. Denn während die echten Rocker manchmal auch gern etwas lockerer treiben könnten, gefällt mir die Schmusenummer 'Never Too Late For Love' am meisten, ein Umstand der sich durch das gesamte Album zieht. Trotzdem: Bei '10000 Reasons To Go' bändelt man schon locker mit den Chicks an der Ampel an und mit dem nachfolgenden Titelstück im Rücken flaniert man am Strand entlang und präsentiert seinen braungebrannten Stahlkörper. Wer das alles nicht hat, dem sei Omas Klapprad empfohlen - mit diesem Soundtrack mindestens so gut wie ein Ferrari, Stahlkörper und Strand zusammen. Nur die Sonnenbrille ist nicht inbegriffen.

Note: 8,5/10
[Simon Volz]

Zugebenermaßen bin ich nicht gerade ein Experte für AOR, Melodic Rock oder wie auch immer man das, was HARDLINE uns hier servieren, auch betiteln möchte. Ich habe keine grundsätzliche Abneigung dieser Musik gegenüber, aber so richtig gereizt hat mich die Auseinandersetzung damit auch noch nicht - und daran ändert "Danger Zone" auch nur bedingt etwas. Denn die Musik ist durchgehend sehr gefällig, eingängig und professionell eingespielt (und gesungen!), aber, und da muss ich Stephan zustimmen, auch verdammt glatt. Wenn ich mir Titel wie 'Fever Dreams' und '10000 Reasons' anhöre, dann bekomme ich den Eindruck, dass das einfach noch nicht das Ende der Fahnenstange sein kann; dass man aus diesem Sound irgendwie mehr machen kann. Dafür sind die Nummern zu berechenbar und auf radiotauglich getrimmt. Eigenartig finde ich dabei allerdings, dass mir die besonders kitschigen Songs wie 'Never Too Late For Love' oder 'Please Have Faith In Me', deren Name absolut Programm ist, aus irgendeinem Grund am besten gefallen. Mir scheint, als habe HARDLINE das wenigstens richtig drauf, wohingegen die normalen Rock-Tracks etwas bieder wirken ('Stay'). Bleibt festzuhalten, dass HARDLINE (allem Anschein nach) eine gut konsumierbare Genre-Platte veröffentlicht haben, welche jedoch Außenstehende (wie mich) nicht zu AOR-Fans machen wird. Da gibt es sicher andere Klassiker, die gehört werden wollen.

Note: 7,0/10
[Oliver Paßgang]

Redakteur:
Thomas Becker

Login

Neu registrieren