GURD: Interview mit V.O.

01.01.1970 | 01:00

Pünktlich zum 1. April erscheint mit „Encounter“ die mittlerweile sechste Langrille der Eidgenossen GURD. Dass es sich dabei um keinen faden Aprilscherz handelt, sondern um ein erstklassiges, zeitgemäßes Metalalbum, das von Anfang bis Ende auf höchstem Niveau rockt, dürfte eigentlich jedem klar sein, der sich schon in der Vergangenheit mit V.O. Pulver und seinen Mannen auseinandergesetzt hat. Mr. Pulver geht diesbezüglich sogar noch einen Schritt weiter und drückt seinem neusten Machwerke den Stempel „einfach Heavy Metal“ aufs Auge.

Oliver: Wenn Du Euren Sound so bezeichnest, limitierst Du Euch da nicht etwas? Ich für meinen Teil höre bei GURD erheblich mehr raus und vor allem junge Kids, die sehr trendbewusst sind und sich an bestimmten Labels orientieren, könnten von der schlichten (und „uncoolen“) Einstufung "Heavy Metal" doch eher abgeschreckt werden ... man will schließlich Platten verkaufen. Wie siehst Du das?

V.O.: Tja, was soll ich sagen? Ich hielt uns eigentlich nie für eine
“trendbewusste“ Band und die ganzen Schubladen finde ich eher albern. Klar, es hat Einflüsse von klassischem Metal, Speed und Thrash, sogar ein wenig Death Metal und sicherlich auch viel von dem grooveorientierten Modern- oder Nu-Metal. ABER, schlussendlich gibt's doch eh nur zwei Arten von Musik: gute, die einem gefällt, oder schlechte, die einem nicht gefällt. Ist doch alles subjektiv! Hauptsache es rockt und hat viele Stromgitarren ...

Oliver: O.k., dann ist das auch geklärt. Ansonsten alles klar bei Dir?

V.O.: Jau, danke der Nachfrage. Abgesehen von der momentanen Weltlage, alles bestens ...

Oliver: Nun, das steht auf einem anderen Blatt Papier. Wir sind schließlich hier um über GURD und Eure neue Scheibe zu plaudern. Wie sind denn die Reaktionen bis dato auf "Encounter" so ausgefallen?

V.O.: Bis jetzt sind die Reaktionen mehrheitlich positiv! Für einige sind wir entweder zu modern oder auch zu „old fashioned“ ... man kann es halt nicht jedem recht machen.

Oliver: Wenn ich mir "Bedlam" und "Encounter" vergleichsmäßig so anhöre, fällt mir der viel druckvollere Sound auf dem neuen Album auf. Vor allem die Klampfen drücken wie Sau und sind trotzdem noch unglaublich transparent. Was wurde auf "Encounter" anders gemacht?

V.O.: Wir hatten diesmal einfach die besseren Voraussetzungen. Mit dem eigenen Studio und genügend Zeit zum Aufnehmen, Mischen und Mastern kommt schlussendlich wohl auch ein besserer Sound heraus! Speziell bei den Vocals machte sich die zusätzliche Zeit & Muße bemerkbar.

Oliver: Der Song "Older But Wiser" hat für mich musikalisch gesehen einen leichten "Südstaaten-Touch" (DOWN und Co. Lassen grüßen), was Euch ganz gut zu Gesicht steht. Ein einmaliges Experiment oder etwas auf dem man Aufbauen kann?

V.O.: Danke! Ich denke, wir werden sicherlich immer wieder den ein oder anderen Song in diese Richtung machen. Da ich die von Dir genannte Band sehr geil finde und meine Frau sowieso auf diesen Southern-Kram abfährt und mich damit „terrorisiert“, habe ich wohl eh keine andere Wahl, als immer wieder mal ein paar Ideen in diese Richtung zu verbraten! Aber ich muss schon sagen, live ist das eine ziemliche Erholung, zwischendrin mal so einen Song zu spielen und dem Publikum scheint es auch sehr gut zu gefallen!

Oliver: Im Song „Club Of Lies“ geht es um Verschwörungstheorien und dergleichen. Glaubst Du wirklich an solche Dinge? Wenn Du sagst, dieser - der „Club Of Lies“ - wird sich schon bald offenbaren, wie, in welcher Form wird dies passieren? Wer steckt Deiner Meinung hinter einer solchen Verschwörung?

V.O.: Schalte doch einfach den Fernseher ein und mach CNN an ... was im Moment im Irak und auch den USA abgeht, ist meiner Meinung nach ein sehr erheblicher Teil dieser „neuen Weltordnung“, von wem auch immer diese so vehement eingeführt wird ... aber ich denke, dass Teile der Bush-Administration sehr wohl ihre Finger in diesem Conspiracy-Klüngel, nenn' es Illuminati, Club Of Rome oder wie auch immer, drinhaben ...

Oliver: Wenn Du "Encounter" einem bestimmten Film bzw. Filmgenre als Soundtrack zuordnen müsstet, wohin würdet Du das Album stecken?

V.O.: “Matrix”? “Star Wars”? “Star Trek“? „Fletchers Visionen“? Ich denke mit dem Cover wäre es wohl eher das Science-Fiction Genre!!!
Allerdings würde es musikalisch auch gut zu einem Zombie oder Horror Streifen passen.

Oliver: Du hast es ja vorhin schon kurz erwähnt, Eure neue Scheibe habt Ihr im eigenen Studio aufgenommen. Dies - im eigenen Studio aufnehmen - scheint ein Trend zu sein, den ich in letzter Zeit häufiger beobachte. Was glaubst Du, ist durch die heutige moderne Technik, die es vielen Bands erlaubt im eigenen Proberaum zu recorden und dies mit sehr guten Ergebnissen, das Zeitalter der großen Studios und Studioproduktionen besiegelt?

V.O.: Nein, ich denke nicht. Klar ist es für kleinere Bands cool, wenn sie durch die moderne Technik nicht mehr auf große Geldmengen / Labels angewiesen sind. Allerdings wird es immer große Acts und Labels geben, die Unmengen an Kohle in ihre Produktionen stecken und alleine dies als Verkaufsargument benutzen ... so von wegen „klotzen, nicht kleckern“!

Oliver: Mit welchem System habt Ihr Eure Scheibe denn aufgenommen und werden dort auch zukünftige GURD Scheiben entstehen?

V.O.: Wir haben unsere Scheibe schön altmodisch auf einer alten analogen 24-Spur Bandmaschine aufgenommen, welche wir für unser Studio erstanden haben. Wir stehen eben mehr auf die alte, handwerkliche Art eine Platte aufzunehmen. Die ganzen neuen Möglichkeiten, wie Pro Tools usw. sind zwar schön und gut, verfälschen aber meiner Meinung nach den Spirit einer Band. Speziell im Rock und Metal sind die analogen Geräte soundmäßig jedem digitalen Medium überlegen!!! Logischerweise werden wir die nächsten Outputs auch hier aufnehmen, da wir uns hier ja die nötige Zeit nehmen und so ziemlich autonom arbeiten können. Außerdem läuft das Studio schon ziemlich gut und auch viele andere Acts kommen hierher zum Aufnehmen. Wir haben kürzlich den Mix der neuen DESTRUCTION Live Scheibe gemacht und sind im Moment an den Pre-Productions für die neue Studio-Platte. Wir werden auch diese hier aufnehmen!!!

Oliver: Das neue Album "Encounter" erscheint jetzt über das dänische Label Diehard Records. Wie seid Ihr an diese Firma gekommen und was war los mit Century Media, Eurer alten Firma? Wie seid Ihr bis dato mit Diehard zufrieden?

V.O.: Der Deal mit Century war ausgelaufen und wir haben uns in gegenseitigem Einvernehmen getrennt. Nachdem wir die neue Platte in unserem eigenen Studio Little Creek fertig gestellt hatten, begaben wir uns auf die Suche nach einem neuen Label. Das einzige vernünftige Angebot kam von Diehard und soweit sind wir sehr zufrieden mit der Arbeit von ihnen. Sie reißen sich wirklich den Arsch auf für uns!!

Oliver: Wie lief eigentlich "Bedlam" - von den Verkaufszahlen her gesehen?

V.O.: Nicht wahnsinnig viel, soweit ich weis, konnten wir europaweit ca. 5000 Einheiten absetzen. Sicherlich nicht schlecht, aber wohl zu wenig für Century Media...

Oliver: Auf dem letzten Album zupfte noch ein Typ namens Andrej die vier Saiten. Warum auf "Encounter" nicht mehr? Sei so gut und stell uns den neuen Mann im Team vor!

V.O.: Andrej hatte Probleme mit seinem Rücken. Er hatte einen
Bandscheibenvorfall und konnte nur noch unter Schmerzen auf der Bühne stehen. Außerdem wollte er nach seinem endlich abgeschlossenen Studium sein Leben umkrempeln und etwas komplett Neues machen. Wir sind aber immer noch gute Freunde und sehen in von Zeit zu Zeit. Franky hat vor GURD bei THE LIE / UMOUNT Bass gespielt und war in der Zeit unser Livemischer. Da war es nahe liegend, dass er Andrejs Part übernimmt. Er war ja an sich schon fünftes Bandmitglied und spielt auch schon lange Bass, da konnten wir uns die, meist mühsame, Suche nach einem neuen Bassisten sparen.

Oliver: Wird es zu "Encounter" mal wieder eine richtige GURD Tour geben? "Bedlam " wurde ja nur durch Einzelshows promoted ... wenn ich das richtig in Erinnerung habe!?

V.O.: Ja, das stimmt. Das ging terminlich nicht anders und ich bin auch kurz vor dem Release zu „Bedlam“ Vater geworden. Was „Encounter“ angeht, werden wir im Juni für ein paar Tage in Deutschland sein und im September ist eine kurze Tour ebenfalls in Deutschland geplant. Berufsbedingt können wir gar keine wochenlangen Touren mehr machen, da alle von uns 100% arbeiten und nur 4 Wochen Urlaub pro Jahr haben. Außerdem lohnt sich das finanziell kaum mehr.

Oliver: Seid Ihr von einer anderen Welt? Dem Cover der neuen Scheibe nach zu urteilen ja ... oder wen oder was stellt das Ufo darauf dar?

V.O.: Ja, wir kommen vom Planet METAL und sind hier um euch unwürdigen Erdlingen den wahren Heavy Metal zu bringen ... wir gehören natürlich auch zum „Club Of Lies“ & ihrer neuen Weltordnung ... hehehe ....

Oliver: Wie würdest Du einem Metalhead, der noch nie etwas von Euch gehört hat, die erste Begegnung mit GURD schmackhaft machen?

V.O.: Wenn du deine Füße und dein Genick nicht stillhalten kannst, dann bist du sicher am GURD hören!!! Am besten einen fetten Joint durchziehen und kräftig abmoshen!!!

Oliver: Jede Band hat ja was das Songwriting angeht ihren eigenen Stil. Wie muss ich mir die Entstehung eines GURD Songs vorstellen?

V.O.: Tja, da gibt es zwei verschiedene Vorgehensweisen, der eine Teil der Songs entsteht wenn wir alle zusammen jammen. Die anderen Songs schreiben ich oder Spring alleine mit dem Drumcomputer und nehmen den kompletten Song zuhause fix-und-fertig auf. Anschließend arbeiten wir dann zusammen die Details aus. Die Lyrics schreibe ich aber alle selber, da ich den Schrott ja nachher auch wieder singen muss ...

Oliver: Kommt eine neue Scheibe einer Band auf den Markt, wird diese von der Presse in den meisten Fällen mit dem / den Vorgänger(n) verglichen. Ist das in Eurem Falle o.k. für Dich oder ist es Dir lieber, wenn jede Eurer Scheiben als eigenständiges, einzelnes Produkt angesehen wird?

V.O.: Mir ist das eigentlich egal, denn obwohl wir hier schon die sechste Platte am Start haben, gibt es noch genügend Leute die denken, dies sei unsere Erste. Ich meine, „Encounter“ ist eh in etwa eine Zusammenfassung unserer bisherigen Scheiben. Der leicht thrashigere Stil von „Bedlam“, kombiniert mit dem Groove der ersten Alben.

Oliver: Wie viel Prozent der Fragen, die Ihr von der Presse gestellt bekommt hältst Du persönlich für Schrott?

V.O.: Eigentlich eher wenig, allerdings die Fragen nach unserem Stil oder unserer Musik saugen schon ein bisschen, da ich finde „let the music do the talking“! Allerdings ist mir natürlich schon bewusst, dass man in einem Magazin schlecht die Musik hören kann und man irgendwelche Worte zur Umschreibung hinzuziehen muss. Auch Fragen bezüglich unserer Haarlänge oder Klamotten finde ich eher Panne. Was hat das denn bitteschön mit der Mucke zu tun???

Oliver: Thema "Frauen": wie würde die Entscheidung ausfallen, wenn Dich eine Frau vor die Wahl stellt "Ich oder Band!"? Standst Du schon jemals vor einer solchen Entscheidung?

V.O.: Ja und ich mache immer noch Musik. Bei meiner Frau stellt sich dieses Problem nicht, sie macht auch Musik (wir haben zusammen auch eine Band, welche PULVER heißt) und hilft mir sehr mit GURD.

Oliver: Wie gehst Du mit Kritik um? Wann ist für Dich der Bogen kritikmäßig überspannt?

V.O.: Wie ich schon sagte, wenn jemand einen Verriss wegen unserem Outfit, unserer Haarlänge oder einfach wegen irgendetwas, was rein gar nix mit der Musik zu tun hat, schreibt. Das kann ich echt nicht nachvollziehen. Musikalische Kritik ist mir egal, da jeder seinen eigenen Geschmack hat und somit kaum einer wirklich objektiv urteilen kann ... „Opinions are like assholes, everybody's got one!“.

Oliver: Welchen Stellenwert nehmen für Dich persönlich Online-Mags verglichen zu "herkömmlichen" gedruckten Magazinen ein?

V.O.: Einen ziemlich hohen, da ich von meiner Arbeit her eigentlich ständig online bin und mir somit eher noch ein Online Mag zu Gemüte führe, als mich durch den Blätterwald zu kämpfen. Außerdem sind die News und Stories meistens viel aktueller, da der Redaktionsvorlauf und der Druck etc. natürlich praktisch wegfällt. Trotzdem kaufe ich mir nach wie vor einige Magazine regelmäßig und sei es auch nur aus Gewohnheit. Schließlich kann ich meinen Laptop schlecht mit aufs Klo nehmen (obwohl, das gab's auch schon ...).

Oliver: Hättest Du die Möglichkeit einen Tag lang eine andere Person zu sein, in welche Rolle würdest Du gerne schlüpfen und warum?

V.O.: Bill Gates, dann würde ich seine ganze Kohle auf mein Konto
überweisen … hehehe ...

Oliver: Was ist das erklärte, große Ziel von GURD, bei dem Ihr sagen würdet, wenn wir das erreicht haben, könnten wir eigentlich aufhören?

V.O.: So ein Ziel gibt es eigentlich nicht, nein ... ich meine, wenn ich an meine musikalischen Anfänge zurückdenke und mir überlege, was ich ursprünglich erreichen wollte ( Platte machen, touren, etc.), dann hätte ich schon längst aufhören müssen. Ich denke, die Musik ist wie eine Droge für mich und ohne die könnte ich schlichtweg nicht mehr leben. Aber totale „World-domination“ wäre schon klasse, vor allem finanziell ... hargh, hargh.

Oliver: Kommen wir kurz vor knapp noch zu einer eher makaberen Frage: angenommen Du wärst tot, hättest aber davor noch die Möglichkeit gehabt, Deinen eigenen Nachruf zu verfassen. Was hättest Du geschrieben?

V.O.: Raucht mich! Ihr werdet es nicht bereuen ....

Oliver: Was steht für Euch in nächster Zeit an? Touren? Festivals?

V.O.: Wie gesagt, im Juni geht's für ein paar Tage nach Deutschland und wir haben auch noch einige Gigs und Festivals hier in der Schweiz. Leider sind wir mit einem Booker ziemlich auf die Nase gefallen, mit dem Resultat, dass wir natürlich für fast alle großen Festivals jetzt zu spät sind. Unser neuer Booker Jeff von Maximum Booking hat das jetzt in die Hand genommen und macht einen wirklich guten und professionellen Job. Er ist jetzt am rotieren für September.

Oliver: Gut, dann machen wir mal hier Schicht im Schacht. Danke für die Antworten. Du hast das letzte Wort ... come on!

V.O.: Ja, Danke an alle Leute, die uns bis hierhin unterstützt haben und auch an alle anderen: Checkt die neue Platte & Skin up!!!






Redakteur:
Oliver Kast

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