GREEN CARNATION: Interview mit Kjetil Nordhus

18.02.2005 | 19:24

Die neue GREEN CARNATION-Scheibe wurde allseits heiß ersehnt, haben die Nordlichter doch bereits mit "A Blessing In Disguise" eine üppige Rocksahneschnitte rausgehauen. Ungewöhnlich kurz war es nur ruhig um die Genreveteranen, denn lediglich zwei Jahre später steht schon der Nachfolger auf der Matte. "The Quiet Offspring" heißt er und offeriert einmal mehr intelligente Rockmusik, die in ihrer variablen Art wohl nicht allzu oft anzutreffen ist. "Nicht unbedingt", legt Kejetil Nordhus, Sänger von GREEN CARNATION und zudem TRAIL OF TEARS, los. "Ich würde sagen, dass unsere Musik soviel Inhalt hat und dadurch so interessant wird, dass er oder sie versucht sein wird, die Repeattaste zu betätigen, haha. Die einzelnen Mitglieder haben eine sehr breit gefächerte musikalische Vergangenheit. Und genau das macht GREEN CARNATION zu dem, was sie heute sind. Drummer Tommy zum Beispiel ist ein sehr grooviger Schlagzeuger, Stein Roger hat gar viele Talente und beherrscht mehrere Instrumente. Außerdem hat er ein Faible für Popmusik. Michael kommt aus der Prog-Ecke und Kenneth hat viel im Blues- und Jazzbereich gemacht. Schlussendlich Tchort und ich, wobei du ja bei ersterem weißt, wo er herkommt (unter anderem Mitglied bei EMPEROR, SATYRICON und EINHERJER). Ich habe mich vor meinem Einstieg bei GREEN CARNATION in der Classic verdingt. Schlussendlich denke ich nicht, dass es neu ist zu sagen, dass GREEN CARNATION die Summe der einzelnen Bandmitglieder ist. Das ist bei allen anderen Bands auch so. GREEN CARNATION haben aber auf Grund ihrer Stilbreite eine sehr hohe Variabilität, die sich in zahllosen Stimmungen auf einer Scheibe niederschlagen. Die Hauptschwerpunkte ändern sich allerdings von Album zu Album ein wenig, schließlich wollen wir uns nicht limitieren und vor allem nicht wiederholen. Ich kann also überhaupt nicht sagen, wie das nächste Album klingen wird. Das ist doch aber eine tolle Sache, oder? Überraschung, haha!"

Bleiben wir aber zunächst bei "The Quiet Offspring", der aktuellen Scheibe, die sehr atmosphärisch und gradlinig ausgefallen ist. "Sehe ich auch so", pflichtet mir der Norwege bei. "Der Hauptunterschied zu "A Blessing In Disguise" ist, dass jeder Einzelne sich individueller in das Album eingebracht hat, wobei das schon beim Songwriting begann. Ich meine, dass "The Quiet Offspring" gar nicht mal soweit von seinem Vorgänger entfernt ist. Aber auf der neuen Scheibe sind die Heavyparts eben noch heavier und die progressiven Anteile noch progressiver. Wir hatten einen sehr kreativen Recordingprozess und sind mit dem Resultat absolut zufrieden. Sowohl musikalisch als auch soundtechnisch ist "The Quiet Offspring" die wohl abwechslungsreichste und atmosphärisch dichteste Scheibe GREEN CARNATIONs geworden. Sie ist unser derzeitiges Nonplusultra. Mehr ist nicht drin! Wenn du aber weißt und fühlst, dass jeder Einzelne wirklich alles gegeben hat, und genau das ist der Fall, erfüllt dich das Ergebnis mit einer tiefen Zufriedenheit. Wir hatten während der Recordings auch einige Neuheiten am Start, die die Aufnahmen etwas auflockern sollten. Zum Beispiel verweilte die komplette Band für einen geschlagenen Monat lang in Frankreich, was eine interessante Erfahrung für uns war. Sonst haben wir ja in unserer Heimatstadt aufgenommen und uns während der Aufnahmen nicht gerade oft gesehen. Ich denke, jetzt war genau der richtige Zeitpunkt, auch mal was anderes zu probieren. Das hat uns einen zusätzlichen Schub verpasst, den man denke ich auch auf der neuen Scheibe heraushören kann. In Zukunft werden wir noch offener für Neuerungen sein."

Etwas offener gestalten sich auch GREEN CARNATIONs Texte, die nicht mit der Tür ins Haus fallen, sondern immer genügend Raum zur Interpretation lassen. "Die Lyrics nehmen bei GREEN CARNATION eine ganz besonders wichtige Position ein," sagt Kjetil. "Ich will aber wirklich nicht zu viel darüber erzählen, da gerade diese Eigeninterpretation das Salz in der Suppe ist. Verschiedene Leute lesen auch verschiedene Dinge aus ihnen heraus. Und ich möchte nicht derjenige sein, der ihre individuellen Meinungen und den herausgelesenen Sinn zerstört. Wir sind drei Texter in der Band. Von da aus kann ich sagen, das die Themen sehr breit gefächert sind. "The Quiet Offspring" ist also definitiv kein Konzeptalbum, auch wenn wir ein paar Schwerpunktthematiken haben, deren wir uns auch öfter mal annehmen. Wir haben aber keine "Light Of Day, Day Of Darkness"-Zeiten aufleben lassen."
Kontinuierlicher ausgefallen ist da schon die Wahl des Artworkdesigners, die wieder einmal auf Niklas Sundin gefallen ist. "Das Artwork ist richtig großartig, oder?", sprudelt es aus Kjetil heraus. "Von seinen ersten Paintings ab wusste ich schon, dass am Ende etwas Großes herauskommen wird. Niklas ist ein Visionär und ein erstklassiger Designer. Es dürfte also nicht überraschend sein, wenn wir auch in Zukunft mit ihm zusammen arbeiten werden."

Keine Frage! Zukunft ist aber ein interessantes Stichwort, das ich direkt an den etatmäßigen GREEN CARNATION-Sänger weitergebe. "Wir sind mit Open-Minded-Fans gesegnet, die mit jedem "The Quiet Offspring"-Hördurchgang zufriedener gestellt sein werden. Die Scheibe wächst von Mal zu Mal mehr. Und wenn sie sich ein wenig gesetzt hat, sehen wir uns live und tragen das unter uns aus, haha. Diese Ostern stellen wir das Album erst mal auf dem Inferno Festival in Norwegen vor, ein sehr wichtiger Termin für uns. Danach kommen einige Warm-Up-Einzelgigs und Minitouren, bevor wir im Sommer soviele Festivals wie möglich beglücken wollen. Im Herbst und Winter wird dann die reguläre "The Quiet Offspring"-Tour folgen." Gehen wir noch einen Schritt weiter und sprechen über die Zukunft der Band GREEN CARNATION, die ja auf Grund markttechnischer Gegebenheiten etwas verschwommen aussieht. "Schwer zu sagen", sinniert Kjetil. "Nach dieser Veröffentlichung sind wir erst einmal ohne Deal. Deswegen kann man nur unscharf in die Zukunft blicken, da Pläne eigentlich nicht existent sind. Es gibt aber Dinge, die wir auch in Zukunft noch erreichen wollen. Ich sag es mal so: Ich habe keine typischen Teenagerziele mehr und will der Rockstar schlechthin werden. Ich möchte die Musik aber schon ein, zwei Levels höher machen, als noch zu Teenagerzeiten. Auch in ein paar Jahren noch! Und das wichtigste Ziel war, ist und wird auch zukünftig sein, dass ich in der Lage bin, mich selbst durch die Band zu verwirklichen. Sie gibt mir die Möglichkeit, in einer überwiegend depressiven Welt dem Trott zu entfliehen und zudem eine soziale Beziehung zu meinen Mitmusikern und auch zu den Fans aufzubauen, die im Lauf der Zeit immer enger wird. Man kann also sagen, dass die Musik ein immens wichtiger Aspekt in meinem, in unserem Leben, ist."

Redakteur:
Alex Straka

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