GRAVE: Interview mit Ronnie Bergerståhl

22.08.2012 | 07:59

Viele neue Death-Metal-Bands haben uns in den letzten Jahren gezeigt, dass traditioneller Todesstahl immer noch gefragt ist. Trotzdem sind es gerade die Genre-Mitbegründer, die immernoch klar den Ton angeben und so ist auch der Release von GRAVEs neustem Werk "Endless Procession Of Souls" ein gute Gelegenheit, um mit Drummer Ronnie Bergerståhl über das neue Album, Skorpione und Country-Bands zu reden.

 

Schön, dass du die Zeit gefunden hast ein Interview mit uns zu führen. Wie geht es dir momentan? Fühlt ihr euch nach Abschluss der Arbeiten am neuen Album eher entspannt oder hat der Stress zugenommen durch die Promoarbeit?

 

No problemo! Nicht wirklich (lacht). Ich bin sehr gespannt darauf, ein paar Reviews zu lesen und auch endlich raus zu kommen, um unseren Fans das neue Zeug live zu präsentieren. Natürlich ist es toll, das neue Album fertig gestellt zu haben und die Möglichkeit zu bekommen, es auch so viel wie man kann promoten zu dürfen. Alle in der Band sind sehr zufrieden mit dem Resultat und soweit ich gehört habe, mögen es auch die Leute, die es bereits gehört haben, von daher denke ich, dass es auch den Fans gefallen wird.

Die neue Platte "Endless Procession of Souls" wird bei Century Media erscheinen. Im letzten Jahr seid ihr zu dem deutschen Label zurückgekehrt. Was hat euch dazu gebracht da wieder zu unterschreiben?

GRAVE haben ihre ersten sieben Alben bei Century Media herausgebracht und es lief immer alles wunderbar. Als Regain (Records, das zwischenzeitliche Label der Band) Pleite ging, hatte Century Media wieder Interesse gezeigt uns erneut unter Vertrag zu nehmen. Da wir viele Jahre bei ihnen verbracht hatten, hatten wir uns entschlossen ihr Angebot anzunehmen.

"Endless Procession Of Souls" ist zu 100% Old School Death Metal und hat wohl auch sonst fast keine Fremdeinflüsse, aber 'Perimortem' klingt bis auf die Vocals sehr nach 80er-Jahre-Thrash. Was war die Motivation hinter diesem Song? Kam das per Zufall dass er so thrash-lastig ist oder war es Absicht?

(lacht) Es ist lustig, dass du gerade diesen Song ansprichst, weil das ist der erste Song, den wir für das Album geschrieben haben! Tobias (Cristiansson - Bass) und ich haben ein paar Riffs ausprobiert, die wir uns per Dropbox zugeschickt hatten und BÄM! Der Song entstand dann einfach so. Ich und Tobias haben eigentlich die Grundlagen für drei Songs geschrieben bevor Ola in den Proberaum kam und als er dann dazu kam, haben wir die Songs arrangiert, so dass sie strukturell zum GRAVE-Sound gepasst haben. Ich hatte ein paar thrashige Riffs, die ich den anderen vorgesetzt hatte und ein paar davon haben es sogar in einzelne Songs geschafft. GRAVE wurde auch immer von Thrash-Bands wie frühen KREATOR, SEPULTURA und DESTRUCTION beeinflusst und ich glaube das kann man auch auf den älteren Alben hören, aber vielleicht nicht ganz so offensichtlich wie bei 'Perimortem'.

Ein anderer neuer Song heißt 'Wind Of Chains' was etwas an 'Wind Of Change' erinnert. Ist das eine SCORPIONS-Anspielung oder nur ein Zufall? Und um was dreht sich der Track wirklich?

Es ist eine totale SCORPIONS-Anspielung. Wir alle lieben die SCORPIONS von daher ist es mehr eine Huldigung. Soweit ich weiß, handelt der Song vom Jüngsten Tag, aber in keiner religiösen Auslegung, mehr so in die Richtung dass die Menschheit sich selbst über Kriege und andere Sachen zerstört. Ich mag mich aber auch irren.

Was ist deiner Meinung nach der Hauptunterschied zwischen der letzten Scheibe "Burial Ground" und dem neuen Album? Welcher Silberling hat beim Schreiben und Aufnehmen mehr Spaß gemacht? Und bei welcher fiel euch das Songwriting und das Aufnehmen leichter?

Hauptunterschied ist das "Endless Procession Of Souls" als Band beziehungsweise als GRAVE, geschrieben geworden ist. "Burial Ground" haben Ola und ich als Duo verfasst und aufgenommen. Verdammt, sogar den Bass hab ich bei dem letzten Album eingespielt, da konnte man nicht mehr von einer Band sprechen. Ich und Ola haben viel darüber geredet und ich sag mal, dass dieses Album unglücklicherweise der Anfang vom Ende der Zeit Fredericks bei GRAVE war. So lautet die Antwort darauf, welches Album mehr Spaß gemacht hat beim Schreiben und Aufnehmen ganz klar: "Endless Procession Of Souls".
Einfacher? Nun, das ist eine andere Geschichte. Wir haben dieses Mal ohne Klick-Track und Metronom aufgenommen, was eine gewaltige Herausforderung für mich als Drummer war, aber ich bin sehr zufrieden mit meiner Arbeit auf dieser Scheibe. Es ist weit davon entfernt perfekt zu sein, aber hat eine Energie, die ich auf den anderen beiden Scheiben, die ich mit GRAVE gemacht habe, nicht entfesseln konnte. Es klingt für mich sehr live und das ist der beste Weg Musik zu erleben.
Wir haben auch alles selbst in unserem eigenem Studio, den "Soulless Studios", aufgenommen, gemixt und gemastert. Die Produktion ist sehr scharf und auf die Fresse, was sowohl "Dominion VIII" und "Burial Ground" meiner Meinung nach gefehlt hat. Ich bin ganz einfach stolz auf diese Scheibe.

Alles in allem scheinen GRAVE die Letzte der vier großen Schwedentod-Bands zu sein, die immer noch Old School Death Metal der frühen 90er spielt. Heute sind UNLEASHED sehr vom Black Metal beeinflusst und ENTOMBED sind kaum noch als Death-Metal-Band anzusehen (was nicht heißen soll das ENTOMBED schlecht sind) und DISMEMBER haben sich sogar aufgelöst. Was meinst du ist der Grund dafür, dass GRAVE nie ihren Stil geändert haben und noch immer fast genauso klingen wie bei ihren ersten Alben?

Wir lieben Death Metal! Natürlich hören und schauen wir auch auf andere Genres, aber das hier, ist das was wir lieben und was wir sind. Wir sind keine Black-Metal-Band. Das werden wir auch nie sein also warum sollen wir uns sorgen immer Black-Metal-lastiger zu klingen? Es gibt vielleicht ein paar Riffs, die auch aus dem Black Metal stammen könnten, aber wenn das Schlagzeug mit dem typischen Skank-Beat wummert, dann hat man es, den wahren Death Metal im Stockholm-Visby-Finspang-Stil. Einfach den Stil, den wir lieben. ENTOMBED haben sich von diesem Death-Metal-Sound, den sie mit geschaffen haben, bereits ab ihrem dritten Album abgewendet, aber ich finde, dass es immer noch Death Metal ist und auch ihr neues kommendes Zeug ist großartig!

Old-School Death (besonders die schwedische Spielart) wird in den letzten Jahren wieder stärker nachgefragt und viele neue Bands wie MORBUS CHRON, ENTRAILS, oder MIASMAL erregen immer mehr Aufmerksamkeit, indem sie einen Stil spielen, den ihr bereits vor etwa 20 Jahren gespielt habt. Verfolgst du dieses Revival und falls ja, was sind deine favorisierten Newcomer?

Das ist so eine Sache. Ich LIEBE es Death Metal zu spielen. Das macht eine Menge Spaß und auf Tour lerne ich die fantastischsten und großartigsten Menschen kennen. Aber zu Hause höre ich mir kaum Death Metal an. Ich war nie so der reine Todesblei-Typ und mehr der Otto-Normal- bis Power-Metaller. IRON MAIDEN, HELLOWEEN, FREEDOM CALL und JUDAS PRIEST sind immer noch die Bands, die ich auflege, wenn ich meinen Metal brauche.
Außerdem gibt es heute viel zu viele Death-Metal-Bands, die vergessen was wichtig ist, nämlich gute Riffs und das Songwriting! Vergiss es denn schnellsten verdammten Blast-Beat, die rasanteste Double Bass oder das temporeichste Gitarren-Geschredder spielen zu wollen. Ich ziehe OBITUARY und alte DEATH jeder High-Speed-Tech-Band vor und das immer und jederzeit. Das Revival, von dem du redest, ist in Schweden mit zum Beispiel meinen alten Bandkollegen von DEMONICAL oder auch FACEBREAKER schon seit mehreren Jahren am erstarken. Es gibt noch ein paar andere Bands, die ich klasse finde. FERAL ist so eine ebenso wie SONNE ADAM, die uns auch auf unserer anstehenden Europa-Tour begleiten werden, oder die bereits erwähnten ENTRAILS.

Wenn wir schon dabei sind, was für Musik hörst du dir denn dann so abseits von Death Metal an? Kannst du vielleicht ein paar unbekannte Kapellen empfehlen?

Ich bin schon seit ein paar Jahren von einer Country-Pop Band namens LITTLE BIG TOWN sehr angetan. Die gehört zu einer der besten Sachen, die ich in meinem Leben je gehört habe. Ich höre mir auch viele schwedische Folk-Rock-Bands wie GARMARNA und HOVEN DROVEN an. Vielleicht kennt ihr ja eine davon. Wenn nicht, empfehle ich euch sobald wie möglich mal reinzuhören.

Ihr werdet im September auch Deutschland für ein paar Shows besuchen. Allerdings spielt ihr nur in kleinen Clubs (außer natürlich das Rock im Betonwerk Festival). Hat das keinen speziellen Grund oder habt ihr euch bewusst dafür entschieden eine Tour zu machen, statt auf den großen Sommer-Open-Airs wie Summerbreeze oder Party.San zu spielen? Und was bevorzugst du persönlich? Die Auftritte auf den großen Festivals oder die Gigs in den kleinen Clubs?

Da wir uns auf die Aufnahmen zum neuen Album konzentriert haben und es ja diesen Herbst erst herauskommt, waren wir für die Promoter nicht die interessanteste Band, die man für die Sommer-Open-Airs buchen kann. Hoffentlich spielen wir dafür nächsten Sommer einen Arsch voll Auftritte. Ich persönlich bevorzuge die kleinen Venues oder besser gesagt die Hallenveranstaltungen. Sicher, wenn du am Mittag oder Nachmittag draußen spielst, ist das toll, aber spät in der Nacht zu spielen, gefällt mir nicht so sehr, da ich bei Kälte etwas unbeweglich werde. Das ist das Gleiche, wenn man in einem kleinen Club spielt und ein Ventilator beim Schlagzeugpodest steht. Ich mach das Ding sofort wieder aus. Ich mag es schwitzig (lacht).

Danke, dass du dir Zeit genommen hast! Die letzten Worte gehören dir. Gibt es etwas, dass du den deutschen Fans noch mit auf den Weg geben möchtest?

Ach, das übliche Klischee-Ding (lacht). Nein, im Ernst, Ich will mich für die Möglichkeit, dieses Interview machen zu dürfen, bedanken. Den Deutschen Fans möchte ich folgendes sagen: Holt euch die neue Scheibe! Sie ist wirklich ein heftiges Killeralbum, versprochen! Unterstützt die schwedische Death-Metal-Szene und ich hoffe wir sehen uns alle auf der Europa-Tour Anfang September.

Redakteur:
Adrian Wagner

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