FUNERAL: Interview mit Anders Eek

24.01.2013 | 18:26

Die norwegische Doom-Institutionen lieferte letztes Jahr mit "Oratorium" erneut absolute Qualität, doch auch die Vergangenheit ist für die Band omnipräsent. Wir haben Gründungsmitglied und Gitarrist Anders Eek diesbezüglich auf den Zahn gefühlt.

Nils: Anders, zunächst einmal eine Frage zum Artwork. Ein christliches Kreuz ist nicht gerade der Standard für eine Metal-Band. Steckt mehr dahinter oder ist es "nur" ein Cover?

Anders: Es gibt für uns immer einen Sinn hinter solchen Dingen. Das Cover ist die Einladung zur Musik auf "Oratorium" und spiegelt den Inhalt der Platte wieder. Ich wollte damit die Illusion von diesen Totenzetteln erschaffen, die man auf einer Beerdigung bekommt. Denn sowohl die Musik als auch die Texte spiegeln genau das wieder, was dieses Cover suggeriert. Darüber hinaus ist das Kreuz ja auch ein sehr traditionelles Symbol, insbesondere für den Doom Metal. Man kann also gerne feststellen, dass wir diese Tradition am Leben halten. Schau dir nur BLACK SABBATH oder CANDLEMASS an. Das Kreuz hat für mich aber keinerlei religiöse Bedeutung, es ist lediglich ein Symbol für "Doom", also für das Schicksal, den Untergang.

Das Schicksal trifft eure Band leider öfters recht hart, in den letzten zehn Jahren sind zwei eurer Mitglieder gestorben. Ihr habt deswegen "Oratorium" Einer und Christian gewidmet. Was bringt euch dazu, trotzdem nach vorne zu schauen und als Musiker weiter zu machen?

Es ist vor allem eine tiefe Sehnsucht, Musik zu machen. Das treibt mich an. Außerdem scheine ich nicht viel anderes gut zu können. Es ist fast eine Art Besessenheit und über die Jahre wurde es zu meinem Lebensinhalt, ja zu meinem Lifestyle. Trotzdem brauchte ich einige Zeit nachdem wir die Jungs verloren haben, aber ich war mir ganz sicher, dass es in ihrem Sinn ist, dass wir mit FUNERAL weiter machen. Ich liebe diese Art von Musik einfach, Doom Metal macht mich glücklich, so einfach ist es.

Auf eurem aktuellen Album hören wir deutlich mehr Orchester in fast bombastischen Momenten. Früher habt ihr mit anderen Mitteln versucht, eine bestimmte Stimmung zu kreieren. War das eine ganz bewusste Entwicklung?

Ja, ich wollte es noch besser machen als auf den vorherigen Alben. Der Wunsch nach mehr klassischen Elementen ist also keineswegs neu, ich hatte diese Idee schon jahrelang. Mir gefällt es, klassische Musik mit Doom Metal zu kombinieren. Also haben wir uns stück für Stück daran versucht, und ich bin ziemlich zufrieden mit dem Ergebnis. Als sich dann noch die Gelegenheit ergeben hat, mit einem ganzen Sinfonieorchester zu arbeiten, habe ich sofort ja gesagt.

Im Booklet wird euer verstorbener Sänger Einar als Autor der Texte genannt. Hat er euch viel unveröffentlichtes Material hinterlassen?

Einar war sehr kreativ, er hat mir viel Poesie, Zeichnungen und Musik hinterlassen. Ich habe also noch reichlich Material von ihm, so dass wir sicher nicht das letzte Mal auf seine Ideen zurückgegriffen haben. Ich weiß, dass er das mögen würde. Es ist unsere Art, unseren geliebten Freunde wert zu schätzen und seine künstlerische Seite am Leben zu halten. Ich habe nach wie vor Kontakt zu seiner Familie, die uns ihre volle Unterstützung gibt. Vor seinem Suizid hat er mir gesagt, dass ich sein Material weiterhin für FUNERAL nutzen darf. Außerdem war Einar ein ausgezeichneter Dichter, um ehrlich zu sein kenne ich keine Band mit besseren Texten. Ich bin also sehr stolz, aber auch bescheiden, dass ich seine Arbeit in meinen Songs nutzen darf. Wenn man die Texte liest und ihn kannte, sieht man auf jeden Fall die sehr persönlichen Bezüge und die Kämpfe, die er im inneren mit sich ausgefochten hat. Einar war selbst einer der größten Fans der Band, durch FUNERAL ist er immer noch unter uns.

Fühlt sich denn Sindre, der neue Sänger, wohl mit dieser Situation oder würde er gerne seine eigenen Ideen einbringen?

Er ist sehr zufrieden damit, die Texte von Einar zu singen. Denn sie sind sehr gut geschrieben und voll mit Emotionen. Kein oberflächlicher Bullshit. Natürlich kann er jederzeit selbst etwas beitragen, wir werden sehen, wie es sich auf dem nächsten Album verhält. Ich selbst würde nie versuchen, Lyrics zu schreiben denn sie wären im Vergleich zur Arbeit von Einar ziemlich schlecht. Ich kann es schlichtweg nicht so gut.

Ihr wollt einige unveröffentlichte Tracks aus den 90ern auf Vinyl wieder veröffentlichen. Wird es das auch auf CD zu hören geben?

Nein, es wird nur eine limitierte 7" geben. Quasi als Belohnung für unsere Die-Hard-Fans. Außerdem liebe ich Vinyl. Eventuell wird es noch mehr solcher Veröffentlichungen geben bevor wir unsere nächste reguläre LP veröffentlichen. Ich habe noch einiges an sehr gutem Material in meinen Gewölben. Es wäre schade, es den Fans vorzuenthalten. Ich glaube, ich habe auch noch etwa 25 unveröffentlichte Demo-Tracks. Einige davon sind von Einar und Christian geschrieben, sind aber nie auf einem FUNERAL-Album erschienen.

Kannst du uns näheres dazu sagen, was uns da erwarten wird?

Wir haben uns darauf geeinigt, eine alternative Demo-Fassung von 'When Light Will Dawn' zu veröffentlichen. Allerdings mit gänzlich neu aufgenommen Vocals von Sindre. Die Version enthält einen Teil, der für "In Fields Of Pestilent Grief" komplett herausgeschnitten wurde. Das Arrangement ist auch etwas anders, sowie Tempo und der Sound. Auf die anderen drei Songs haben wir uns noch nicht endgültig geeinigt. Aber einer davon war noch nie zu hören, er ist ziemlich gut. Alle Tracks wurden um 1997 aufgenommen.

Eure Konzerte sind rar gesät, habt ihr schon Pläne für dieses Jahr?

Pläne gibt es immer, aber es ist stets eine Herausforderung, die Band zusammenzutrommeln und die ganze Logistik zu arrangieren. Natürlich hängt es auch von den Promotern und den Finanzen ab...aber wenn das passende Angebot kommt, werden wir spielen. Wir verhandeln gerade mit einigen Promotern für Gigs oder auch eine komplette Tour.

 

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Redakteur:
Nils Macher

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