ETTA ZERO: Interview mit der Band

21.07.2014 | 14:16

Die Elektronik als Stilmittel. Das kann nach hinten losgehen oder aber, wie im Fall von ETTA ZERO, sehr gut klingen. Da man zudem nicht allzu oft Musiker aus Liechtenstein vor das Mikrophon zerren kann, nahmen wir die Möglichkeit wahr, den Jungs einmal auf den Zahn zu fühlen. Wer also einer in sich stimmigen Mixtur aus elektronischen und metallischen Klängen an sich nicht abgeneigt ist, sollte zum neuen Album greifen und ETTA ZERO etwas näher kennenlernen.

Erst einmal möchte ich mich bei euch bedanken, dass ihr euch ein wenig Zeit für meine Fragen nehmt. Ihr seid mein erster Interviewpartner aus Liechtenstein. Wie geht es euch momentan?

Uns geht's wunderbar im Moment, vielen Dank! Das Album ist fertig und veröffentlicht, die Kritiken bisher überwiegend positiv, wir können also nicht klagen.

Für diejenigen, die noch nicht viel von ETTA ZERO mitbekommen haben, würdet ihr in einigen Sätzen euren bisherigen Werdegang einmal zusammenfassen und euch kurz vorstellen können?

Wir sind vier Jungs aus dem kleinen Fürstentum Liechtenstein und machen Rockmusik, die mit elektronischen Elementen versetzt ist. Ich find das immer recht schwer zu beschreiben, am besten checkt man den Sound einfach mal an. Auf YouTube gibt‘s ein kleines Album-Preview mit Snippets aller Songs. Die Band besteht als ETTA ZERO in dieser Besetzung seit Ende 2010, davor waren wir als DOWNFALL aktiv und haben unter diesem Namen zwei Demo EPs in Eigenregie veröffentlicht.

Aus DOWNFALL wurde dann ETTA ZERO. Warum habt ihr euch für diesen Bandnamen entschieden und was soll er bedeuten?

Der Wechsel des Namens war aus unserer Sicht gleich aus mehreren Gründen notwendig. Zum einen wollten wir einen Schlussstrich unter unsere Vergangenheit ziehen, da sich über die Jahre die Besetzung teilweise geändert hat und wir etwas Neues machen wollten. DOWNFALL war gut um Erfahrungen zu sammeln und Fehler zu machen, ETTA ZERO hingegen ist nun ein unbeschriebenes Blatt. Zum anderen wäre es aber auch schwierig geworden unter dem alten Namen ein Album rauszubringen. Anders als zu unseren Anfängen gibt es mittlerweile in vielen Ländern Bands, die denselben Namen tragen und auch Alben veröffentlichen. Beim neuen Namen war uns vornehmlich wichtig, dass es keine weitere Band mit diesem Namen gibt. Da ist sonst kein grosses Geheimnis dahinter.

Wie kamt ihr eigentlich dazu, eurer damaligen Synthie-Pop-Rockband einen ordentlich metallischen Anstrich zu verpassen?

Hmm, man muss das vielleicht etwas präzisieren. Wir waren nie eine Synthie-Pop-Band. Wir haben einfach damals als Coverband begonnen, die vornehmlich Songs aus dem Synthie-Pop-Bereich gespielt hat. Die Idee dahinter war allerdings immer, diese in einen metallisch-rockigen Kontext zu setzen. Wir haben auf dem aktuellen Album als Brückenschlag zu dieser Zeit den Song "Heartbeats" vom schwedischen Synthie-Pop Duo THE KNIFE gecovert. Ich denke das Stück gibt einen kleinen Eindruck, wie das damals bei DOWNFALL war. Im Grunde sind wir eine Rockband, wir kommen alle von der Rock- oder Metal-Seite her, allerdings hat uns auch die elektronische Seite sehr geprägt und beeinflusst, von daher lag es nahe, diese beiden Welten miteinander zu verbinden. Wobei das Hauptaugenmerk sicherlich auf der Rockmusik liegt, schliesslich stehen wir auch in der Besetzung Schlagzeug-Gitarre-Bass-Gesang auf der Bühne. Die Elektronik nutzen wir als Stilmittel.

Ich hatte im Vorfeld die Freude, euer neues Album hören zu dürfen. Aber warum hat es stolze sieben Jahre gedauert, bis etwas Neues von euch kam? Das sind ja fast schon AC/DC- oder METALLICA-Verhältnisse!

Haha, stimmt. Sieben Jahre klingt natürlich nach einer langen Zeit, aber das sieht auf dem Papier länger aus, als es in Wirklichkeit war. Wir haben 2008 mit dem Songwriting begonnen und parallel dazu nach einem geeigneten Produzenten und einem Aufnahmestudio gesucht. Wir hatten bisher alles immer bei Tommy Vetterli aufgenommen und waren auch immer sehr zufrieden. Wir wollten dennoch mal etwas neues ausprobieren und haben deshalb auch andere Studios und Produzenten für Probeaufnahmen angetestet. Schlussendlich sind wir dann aber doch wieder bei Tommy gelandet, nicht zuletzt auch deshalb, weil wir nur bei ihm das Gefühl hatten, dass er wirklich versteht, wohin wir mit unserer Musik wollen. Im Herbst 2010 haben wir dann den Namen geändert und mit den Studioaufnahmen begonnen. Leider hat uns kurz danach eine schwere Krankheit innerhalb der Band für fast zwei Jahre ausser Gefecht gesetzt. Bei unserem Bassisten sind drei Lymphknoten in der Bauchregion explosionsartig gewachsen und haben sich zu einem Tumor zusammengeschlossen, der an die 18 Zentimeter gross war. Für ihn folgte eine schwere Zeit mit Chemotherapie und Krankenhausaufenthalten, und für uns war es keine Option ohne ihn weiterzuarbeiten. In so einem Moment wird die Musik auch völlig nebensächlich, es war einfach nur wichtig, dass er wieder gesund wird. Nach seiner Genesung haben wir die Aufnahmen schliesslich Ende 2012 abgeschlossen. Für das Mastering haben wir dann ebenfalls nochmal mehrere Studios angetestet, u.a. auch in New York und Los Angeles, haben es aber schlussendlich dann in Zürich gemacht. Das war im Frühjahr 2013. Anschliessend haben wir uns auf die Suche nach einem Label begeben, das dauerte dann auch nochmal zwei, drei Monate. Da wir die Finanzierung des Albums komplett selber gestemmt haben, mussten wir zwischenzeitlich auch noch Mittel und Wege finden, wie wir das alles auf die Reihe kriegen. Das war nicht immer einfach, aber irgendwie haben wir's nun doch hinbekommen.

Hoffentlich ist euer Bassist nun über den Berg. Nebenbei bemerkt gefällt mir "The Last Of All Sunsets" wirklich gut. Insbesondere das Artwork hat es mir angetan. Wer war dafür zuständig und könntet ihr ein, zwei Sätze über die Entstehung sagen?

Das Coverartwork stammt von einem deutschen Fotografen, der ungewöhnliche Locations in Deutschland und im benachbarten Ausland aufsucht und fotografiert. Wir hatten zuerst den Albumtitel und haben uns überlegt, wie wir das optisch umsetzen möchten, ohne dass es kitschig aussieht. Der Albumtitel symbolisiert einen Kontrast, hell und dunkel, gut und böse. Das in einem Bild festzuhalten ohne in ein Klischee abzudriften ist gar nicht so einfach. Eines seiner Bilder hat mich dann sofort fasziniert. Es vereint alles was der Titel aussagen soll und es ist nicht gleich offensichtlich was da überhaupt zu sehen ist. Um das Rätselraten zu beenden: Es ist ein Schornsteinschacht eines alten Kraftwerkes aus Polen. Soweit ich weiss wurde der mittlerweile dem Erdboden gleichgemacht.

Schade. Jedenfalls habt ihr ein echt tolles Album am Start. Wenn man sich Songs wie 'All That I See', 'Set Me Free' oder auch 'The Downfall Factory' und 'Heaven Is Closer' anhört, stellt man fest, dass ihr einen sehr eigenständigen Sound habt. Habt ihr dennoch musikalische Vorbilder, an denen ihr euch bei den Arbeiten an diesem Album orientiert habt?

Danke für das Kompliment! Ich weiss nicht ob man es Vorbilder nennen kann, aber es gibt natürlich schon Bands, die uns sehr gefallen und uns somit ein stückweit auch beeinflussen. RAMMSTEIN ist zum Beispiel so eine Band oder auch NINE INCH NAILS. Diese Bands stehen jeweils für einen bestimmten Sound und haben einen hohen Wiedererkennungswert. Dahingehend sind wir schon inspiriert und bestrebt ebenfalls etwas eigenes zu erschaffen. Die Einflüsse sind aber wahrscheinlich eher subtiler Natur. Ich denke wenn man unser Album hört, denkt man nicht gleich an diese Bands. Generell ist es so, dass wir nicht nur vier sehr unterschiedliche Charaktere sind, wir haben auch einen recht breit gefächerten Musikgeschmack. In unseren privaten Sammlungen finden sich Alben von ACCEPT oder W.A.S.P. genauso wie solche von JOHN MAYER, STEVIE WONDER, PORCUPINE TREE, DEPECHE MODE, PANTERA oder FEAR FACTORY. Alle diese Künstler haben etwas an sich, was uns anspricht.

Hat dieses Album eine bestimmte Thematik oder einen roten konzeptionellen Faden, der sich durch die einzelnen Songs schlängelt?

Obwohl es sich bei "The Last Of All Sunsets" nicht um ein Konzeptalbum handelt, gibt der Albumtitel schon irgendwie die textliche Richtung des Albums vor. Alles dreht sich irgendwie um einen bestimmten Zustand, ein Gefühl. Der Albumtitel ist eine Metapher für das Ende. Das Ende ist oft mit negativen Attributen versehen, so auch in diesem Zusammenhang. Das Ende kann aber auch Erlösung oder Hoffnung bedeuten. In diesem Kontext steht der Sonnenuntergang im Albumtitel für etwas Schönes. Ein Ende ist oft auch Anfang von etwas neuem, diesen Moment wollten wir einfangen. Das kann man auf Beziehungsthemen genauso adaptieren wie auf das Geschehen auf dieser Welt oder von mir aus auch auf Fussball oder was auch immer. Dieser Kontrast spiegelt sich aber nicht nur textlich wider, er trifft auch auf die musikalischen Gegensätze des Albums zu.

Was steht im weiteren Jahresverlauf noch so auf dem Programm? Und wird es weitere sieben Jahre dauern, bis man Neues von ETTA ZERO zu hören bekommt?

Haha, nein, es wird bestimmt nicht nochmals sieben Jahre dauern. Der Plan ist im Moment, dass wir im Herbst 2015 ins Studio gehen um das zweite Album aufzunehmen. Bis dahin werden wir noch mindestens einen Videoclip drehen sowie hoffentlich so viele Konzerte wie möglich spielen.

Dann wäre ich mit meinen Fragen auch am Ende. Die letzten Worte an unsere Leser und eure Fans aus Deutschland und Liechtenstein gebühren natürlich euch. Es war mir eine Freude und vielen Dank für dieses Interview!

Wir möchten uns recht herzlich bei Euch für dieses Interview bedanken. Ohne Seiten wie die eure hätten Bands wie wir keine Plattform. Ebenso möchten wir uns bei allen Lesern bedanken. Sich die Zeit zu nehmen neue Musik zu entdecken ist gerade in unserer hektischen Zeit nicht selbstverständlich.

Redakteur:
Marcel Rapp

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