EQUILIBRIUM: Interview mit René Berthiaume

11.02.2005 | 22:07

EQUILIBRIUM sind angesagt. Nicht erst seit dem begeisternden Konzert beim vergangenen Summer Breeze ist die Band eine ernste Nachwuchshoffnung für die deutsche Black- und Viking-Metal-Szene. Nun haben die Bayern jüngst ihr Debüt "Turis Fratyr" veröffentlicht. Gitarrist René Berthiaume erzählte per Mail eine ganze Menge aus dem Lager der Newcomer.

Henri:
Hi EQUILIBRIUM. Alles frisch in München und Umgebung?

René:
Moin Henri, jo alles klar, zumal es hier in Bayern endlich mal wieder ordentlich geschneit hat, hehe.

Henri:
Ihr habt nun euer Debüt "Turis Fratyr" herausgebracht. Ich will nicht verhehlen: Nach dem Auftritt beim Summer Breeze habe ich mehr erwartet. Dummerweise kam dann mit eurem Debüt gleichzeitig noch die neue MOONSORROW zu mir ins Haus geflattert, die eure Musik einfach mal übertrifft. In meinem Review habe ich also zu "Turis Fratyr" geschrieben: "...die Platte entpuppt sich dabei als Mischung aus epischem Black- und melodischem Death Metal für junge Fans, gut gemacht und doch weit entfernt von dem Spirit wahrer Dunkelfürsten der Marke ENSLAVED oder EMPEROR. Aber vielleicht besitzen EQUILIBRIUM auch gar nicht den Anspruch an solche Götter heran zu reichen?!" Welchen Anspruch stellt ihr denn an euch selbst?

René:
Wir stellen sicherlich nicht den Anspruch an uns, musikalische "Götter" zu werden, zumal meines Erachtens die meisten Musiker oder Komponisten, die dieser Bezeichnung noch am ehesten gerecht werden könnten, doch schon mindestens ein Jahrhundert auf dem Buckel haben. Der Anspruch, den wie an uns haben, ist im Prinzip leicht zu beschreiben: Wir wollen Musik schreiben, die uns und unsere Hörer mitreißt, sei es im Bandraum als auch auf der Bühne. Natürlich können wir jemanden, der nun absolut dunklen, rauen oder verfrickelten Metal erwartet, sicherlich nicht mit unseren bisherigen Songs glücklich machen, da wir unsere Musik momentan einfach anders ausrichten.

Henri:
Und wie würdet ihr euch selbst für Leser beschreiben wollen, die mit eurem Namen bisher nichts anfangen können?

René:
Wir werden ja doch recht gerne mit der Bezeichnung "Viking Metal" in Verbindung gebracht, was für die meisten Hörer sicherlich auch eine geeignete Erklärung ist. Wobei ich denke, dass der Begriff "Viking Metal" ähnlich auch wie der Begriff "Black Metal" in den letzten Jahren doch recht populär geworden ist, und dadurch wohl auch recht unterschiedlich ausgelegt wird. Ansonsten würde ich unsere Musik als monumental, moshtauglich, festlich (im Sinne von feiern, hehe), erzählend und vielfarbig beschreiben.

Henri:
Was bedeutet in diesem Zusammenhang der Name EQUILIBRIUM?

René:
Der Name wurde seinerzeit relativ spontan gewählt. Da die Veranstalter des Festes, auf welchem wir unseren ersten Auftritt haben sollten, gerade die Flyer drucken wollten, wir aber noch keinen Namen hatten, mussten wir uns einigermaßen schnell einen überlegen. Wir wussten damals allerdings noch nicht so genau, in welche Richtung es bei uns musikalisch als auch inhaltlich langfristig gesehen gehen sollte (zu Beginn coverten wir ja nur). Somit entschieden wir uns für einen Namen, mit dem man sich keine engen Grenzen steckt und der auch weitläufig interpretierbar ist. Wir würden allerdings nicht soweit gehen und dem Namen im Nachhinein eine festgelegte Bedeutung zuordnen, nur weil momentan eine definiertere Struktur in unserem inhaltlichen Konzept vorhanden ist. Somit können wir uns auch in Zukunft musikalisch und textlich weiterhin frei bewegen, ohne in Konflikt mit dem Namen zu geraten.

Henri:
Ihr benutzt deutsche Texte. Warum habt ihr euch dafür entschieden?

René:
Das ging damals eigentlich von unserem Sänger Helge aus. Genau wie die Musik sind auch die Texte absolut spontan entstanden. Er schreibt einfach in der Sprache, "die er am besten kann", wie er immer sagt. Ansonsten wäre wohl ohnehin nur noch Englisch in Frage gekommen, und ich persönlich kann mir EQUILIBRIUM zumindest momentan beim besten Willen nicht in Englisch vorstellen, oder sagen wir lieber, ich möchte es mir nicht vorstellen, hehe.

Henri:
Die Inspiration für diese Texte holt ihr euch vermutlich aus der alten Sagenwelt Deutschlands. Welche Geschichten faszinieren euch denn besonders und warum?

René:
Auch das geht in erster Linie auf Helges Kappe, da er eben die Texte schreibt. Diese lehnen sich ab und zu an die Edda und andere Sagas an, sind aber doch meistens frei erfunden. Auch mit der historischen Korrektheit sehen wir es nicht so eng. Es wäre allerdings durchaus möglich, dass auch mal eher bayerische Inhalte Verwendung finden, zumal hier bei uns auch allerhand Stoff vorhanden ist, wir werden sehen!

Henri:
Wo habt ihr "Turis Fratyr" aufgenommen. Gibt es aus der Zeit eine nette Geschichte zu berichten?

René:
Das Album haben wir in den Helion Studios produziert, in denen ich auch neben der Band tätig bin (Thommy Hermann von DARKSEED übrigens ebenso, er hat zeitgleich das neue Album "Ultimate Darkness" aufgenommen). Unterstützung hatten wir dabei noch von Seref Badir. Gaby Koss (Ex-Sängerin von HAGGARD) hat uns zudem ein paar wunderbare Gesangsparts eingesungen. Nette Geschichten gibts keine, eher weniger nette Geschichten, und dazu zähle ich einfach mal die Dauerblähungen mancher Musiker in engen Aufnahmeräumen...

Henri:
Nochmal zu EQUILIBRIUM an sich: Eure Biografie klingt nicht nach musikalischen Überzeugungstätern: "Die erste Feuertaufe hatte die Band EQUILIBRIUM im Sommer 2001 zu bestehen. Der Organisator einer Party im bayrischen Maisach wollte gerne Bands auftreten lassen. Gitarrist René Berthiaume hatte Lust, mit einer Band diesem Wunsch nachzukommen. Er wollte auf einer Bühne mal wieder so richtig 'abmoshen'. Im Umkreis Münchens fand René geeignete Mitstreiter. Der Gig war ein Erfolg. Die in kürzester Zeit einstudierten Stücke von DIMMU BORGIR, HYPOCRISY, CRYPTIC WINTERMOON und anderen Bands ähnlicher Ausrichtung riefen sehr positive Reaktionen hervor. Grund genug, um die rasch aufeinander eingespielte Truppe nicht gleich wieder aufzulösen. EQULIBRIUM war geboren." Es gibt bestimmt Leute, die euch Trendreiterei vorwerfen, oder?! Was entgegnet ihr ihnen?

René:
Wir sind absolute musikalische Überzeugungstäter, denn EQULIBRIUM ist aus den Gegebenheiten heraus entstanden, die für eine Bandgründung wohl am wichtigsten sind: Die Liebe zur Musik und Freundschaft (so kitschig das auch klingen mag, hehe). Dass unsere Bandentstehung nicht so spannend ist und wir nicht alle im Wald während einer tagelangen Suche nach einem sagenumwobenen Imker aufeinander gestoßen sind, um uns dann dazu entschliessen, gemeinsam Musik zu machen, halte ich für weniger wichtig. Bislang wurde uns eigentlich kaum Trendreiterei vorgeworfen. Das liegt wohl daran, dass die meisten, die sich mit uns beschäftigt haben, Bescheid wissen, dass diverse Songs von uns wie zum Beispiel "Unter der Eiche" schon etliche Jahre auf dem Buckel haben. Natürlich gibt es auch Hörer, die bei zwei Bands mal eben eine folkige Melodie entdecken, und diese dann gleich in einen Topf werfen. Das ist natürlich schön einfach, und der Mensch hat nunmal die Veranlagung dazu, alles einkategorisieren zu müssen. Es gibt dann allerdings auch musikalisch breitgefächerte Hörer, die unsere tatsächlichen Einflüsse dann sogar korrekt erkennen. Einem Kritiker fielen sogar schonmal die von James Horner beeinflussten Akzente bei uns auf, was mich dann doch positiv verblüfft hat.

Henri:
Wie geht ihr allgemein mit der Metal-Szene um? Fühlt ihr euch einfach als Teil einer großen Headbanger-Szene oder macht ihr euch eher das elitäre Verhalten zu eigen, dass viele Bands der norwegischen Szene für sich beanspruchen?

René:
Letzteres Verhalten ist uns absolut fremd und halten wir auch für ziemlich unangebracht in der Metalszene. Schließlich ist es ja gerade diese Szene, der wir es verdanken, dass unsere Musik (gerade auch durch das Internet) so schnell verbreitet wurde. Warum sollten wir uns auch abkapseln, schließlich sind wir wie alle anderen auch stinknormale Leute, die ihre Musik machen und gemeinsam mit den Leuten feiern und Spass haben wollen.

Henri:
Die in der Bio benannten Bands wie DIMMU BORGIR oder HYPOCRISY haben aber schon als Inspiration für die eigene Musik gedient, oder? Inwiefern lasst ihr euch von solchen "Vorbildern" noch leiten?

René:
Klar haben uns auch Bands, die wir bereits zu unseren Anfängen gehört haben, beeinflußt. In erster Linie wohl dann, wenn es darum geht, metaltypische Stilmittel wie Moshriffs oder Blastbeats zu verwenden, hehe. Wirklich bewußt lassen wir uns von anderen Bands aber kaum leiten, in unsere Musik kommt, ohne groß darüber nachzudenken, einfach alles was uns gefällt.

Henri:
Einen weiteren kritischen Punkt will ich ansprechen: Die Tatsache, dass ihr nur vier neue Songs auf der Scheibe habt - der Rest kommt noch vom Demo - finde ich persönlich für ein Debüt etwas schwach. Wie seht ihr das?

René:
Meiner Kenntnis nach ist es nicht unüblich, dass man die Songs, durch die man einen Plattenvertrag bekommen hat, auch auf das erste Album packt. So haben nämlich viel mehr Leute die Möglichkeit, auch an diese Songs zu kommen. Zumal unser Demo von unserer Seite für einen Fünfer über den Ladentisch ging, kann man da wohl auch nicht wirklich von Abzocke sprechen.

Henri:
Zu erfreulicheren Themen: Ein besonderer Höhepunkt eurer Karriere war sicherlich der Gig beim vergangenem Summer Breeze. Wie denkt ihr fast ein halbes Jahr später darüber?

René:
Das Summer Breeze 2004 war sicherlich einer der aufregendsten Momente des letzten Jahres für uns. Vorher hatten wir noch nie auf einem so großen Festival gespielt, und dass die Leute uns so toll empfingen, hat uns einfach so umgehauen, dass wir es selbst jetzt immer noch nicht so ganz fassen können. Wir haben keine Ahnung, woran dass nun genau gelegen hat, aber letztendlich sind wir einfach froh, einen solch tollen Gig erlebt haben zu dürfen. Dies zeigt aber auch deutlich, wie prächtig die Metalszene fernab von allen kapitalistischen Medien funktionieren kann, und wir sind jedem einzelnen Metaller dankbar dafür!

Henri:
Wann seid ihr denn wieder auf deutschen Bühnen unterwegs. Ist eine Tour in Arbeit?

René:
Nachdem wir unser Lineup bald wieder vervollständigt haben, werden wir ab März wieder auf die Bretter steigen. Das erste Konzert wird hierbei das Ragnarök-Festival am 12. März sein. Auf das freuen wir uns schon seit Monaten. Zum einen, weil wir endlich wieder spielen können, zum anderen, weil wir dort einige bekannte Bands vom letztem Jahr wiedertreffen. Mit einer Tour hat es leider bisher noch nicht geklappt, allerdings versuchen wir auch so, möglichst ganz Deutschland und auch ein bisschen Österreich und Schweiz abzuklappern.

Henri:
Was ist 2005 sonst noch so im EQUILIBRIUM-Lager geplant?

René:
Vor allem erstmal Konzerte, Konzerte, Konzerte! Sofern neben Job und dem Livespielen noch Zeit übrig bleibt, werden wir auch an neuem Material arbeiten. Ich hoffe ja mal inständig, dass unsere nächste Veröffentlichung nicht so oft verschoben werden muss.

Henri:
Ich frage auch, weil euer Label Black Attakk ja nicht so groß ist wie andere Häuser. Seid ihr mit der Promotion-Arbeit zufrieden oder strebt ihr einen Wechsel an?

René:
Bisher sind wir in dem Bereich mit Black Attakk absolut zufrieden. Sie machen wirklich ordentlich Werbung und ziehen auch einige Gigs für uns an Land. Dass unser Label nicht so groß ist, hat uns bezüglich der Promotion zumindest innerhalb von Deutschland nicht wirklich schlecht getan. Grundsätzlich sind wir ehrlich gesagt lieber bei einem kleinen Label, dass etwas für einen tut, als bei einem großen, bei dem man neben all den großen Acts nur so nebenbei veröffentlicht wird.

Henri:
Ok, dann haltet mal kurz inne: Was waren eure Favoriten-Platten des Jahres 2004?

René:
Oha, da muss ich grad mal a bisserl genauer nachdenken.....also ich muss gestehen dass ich mich nicht direkt daran erinnern kann, mir eine Metal-Platte, die 2004 veröffentlicht wurde, gekauft zu haben. Letztes Jahr habe ich aber ziemlich geile Alben von WINDIR und GERNOTSHAGEN entdeckt, die sagen mir extremst zu! Nach wie vor bin ich im Metalbereich auch großer Anhänger der Band KOYAANISQATSI mit gleichnamigem Album. Diese Platten kamen allerdings nicht letztes Jahr raus, tja, hehe ;-)

Henri:
Any Last Words?

René:
Erstmal vielen Dank für dieses etwas kritischere Interview ;-) und einen metallischen Gruß an alle Headbanger da draußen!

Redakteur:
Henri Kramer

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