CHRISCHMUSIC: Interview From The Underground

30.11.2013 | 08:37

Ruhrpott, Berlin, Hamburg… in den Metal-Metropolen der Republik brodelt die Kreativität. Aber wie sieht es abseits der ewig heißen Hexenkessel aus? So wie dieses Magazin mal als trotzige Aktivität "from the underground" angefangen hat, gibt es zum Glück auch heute noch viele Aktivisten, die den Underground lebendig halten. Einem solchen aus dem kleinen ostholsteinischen Städtchen Heiligenhafen an der Ostsee wollen wir heute mit Multi-Instrumentalist und Produzent CHRISTIAN LINKE mal näher auf den Zahn fühlen.

Martin Rudolph: Hi Christian, bei unserem letzten Treffen hast du mir spontan deine erste selbstproduzierte CD "CHRISCHMUSIC" in die Hand gedrückt. Als AC/DC-Maiden-Priest getriggerter Oldschool-Quadratschädel musst du mir bei dem Sound auf dem Rundling mal auf die Sprünge helfen.

Christian Linke: Hi Martin, der Stil hat sich im Laufe der Aufnahme-Sessions nach und nach entwickelt und beinhaltet hauptsächlich die Richtungen Stoner, Sludge und Alternative Rock. Natürlich zieht man seine Inspirationen aus vielen Sachen, aber da ich wirklich von Jazz über Funk bis hin zu Hardcore und Metal alles in mich hereinsauge, ist es schwer, dort eine genaue Orientierung festzustellen.

Der Sound der Songs ist fett und rollt sehr Bass- und Drum-lastig, also wuchtig, wie ich sagen würde...

Auch der Sound hat sich quasi mit der Zeit entwickelt. Ich sehe das Album hauptsächlich als sehr Gitarren-orientiert an. Habe mich dementsprechend an den Drums eher zurück gehalten, wobei mir der richtige Groove eigentlich am wichtigsten ist. Die möglichst optimale Mischung aus fett, Garage, also roh, und direkt sollte bei der Musikrichtung schon gegeben sein. Wichtig war mir auch, dass es musikalisch nicht zu verfrickelt aber auch nicht zu 08/15 wurde, sprich interessant und doch tanzbar.

Ach? Getanzt hätte ich nun nicht gerade dazu, aber sei's drum. Erzähl mal was zu deinem Produktionsrahmen im "Total Underground".

Das Recording wurde teils zu Hause, aber hauptsächlich komplett alleine im Proberaum gemacht. Da mir der Sound sehr wichtig ist, macht es nicht nur mega viel Spaß Songs zu schreiben, oder sich an den einzelnen Instrumenten auszudrücken und zu entfalten. Auch die Produktion und das Mischen der Songs ist eine ganz eigene Welt für sich.

Und warum machst du dabei alles alleine?

Gute Frage. Hier geht es darum, dass ich die Vorteile sehe, zeitgleich diesen Prozess zum Üben der einzelnen Instrumente zu nutzen - ich bin da eigentlich ziemlich undiszipliniert und faul -, und mich außerdem nicht absprechen oder arrangieren zu müssen. Alles läuft also so, wie ich mir das vorstelle. Ich kann mich so ausdrücken wie ich es möchte und mich kreativ voll ausleben.

Also bist du eher kein Teamplayer?

Natürlich genieße ich auch die Vorteile einer Band oder die Zusammenarbeit mit anderen Musikern, aber so sein eigenes Baby zu haben ist schon geil.

Darauf kommen wir gleich sicher noch einmal zurück. Aber bleiben wir jetzt bei den Songs auf CRISCHMUSIC. Welche Botschaft willst du in deinen Texten rüberbringen?

Auf das Textliche möchte ich gar nicht so viel eingehen, weil diese doch sehr von der eigenen unterschiedlichen Interpretation der Hörer leben sollte. Es geht überwiegend um Alltagssituationen, Dinge und Sichtweisen der Gesellschaft untereinander und da soll sich jeder sein eigenes Ding herausziehen.

Dann mal anders nachgehakt. Welches ist dein Lieblingssong auf dem Album und warum?

Einen Lieblingssong kann ich nicht nennen. Mir gefallen die Arrangements, Melodien, Riffs der einzelnen Songs, und ich finde, dass das generell die Stärke der gesamten CD ausmacht.

Wie hast mit der Musik angefangen?

Angefangen habe ich mit 16 auf der E-Gitarre. Als dann wenig später die erste Band kam, stand auf einmal ein Schlagzeug im Raum. Ich habe mich dran gesetzt und merkte, dass ich komischerweise gleich wusste, was ich daran zu tun habe. Wenig später kaufte ich mir ein eigenes Set. Es wurde mein Hauptinstrument.

Mit der Zeit wurdest du ein richtiger Multi-Instrumentalist…

Ja. Später kam dann auch der Bass dazu, den ich aber erst in den letzen Jahren richtig kennengelernt habe. Von wegen: "Aha, geil, so läuft das hier, oder "cool das kann man ja auch damit machen", haha. Dass ich ursprünglich Schlagzeuger bin, ist wohl auch bezogen auf diese CD mein großes Glück, weil viele, die One-Man-Projekte betreiben ja doch den Rest oder fast alles alleine machen, aber überwiegend einen zusätzlichen Drummer aktivieren oder Drumcomputer programmieren müssen. Deshalb konnte ich es voll ausnutzen, hier meine ganz eigene Baustelle zu betreiben.

Ich bleibe mal hartnäckig mit meiner Frage nach dem Teamplayer!

In der Vergangenheit spielte ich bei verschiedenen Bands wie SHELLFISCH, ALL MY DUCKS oder diversen Projekten, die irgendwie doch nie was geworden sind, haha... Und genau da liegt auch das – ich nenne es immer das "regionale" - Problem hier oben: Oft heißt es: "Alter, wir müssen echt mal was zusammen machen", oder es gibt den Neid untereinander, aber auch die unterschiedlichen Sichtweisen oder musikalischen Vorlieben. Manchmal ist der eine oder andere auch einfach nicht gut genug, menschlich funktioniert es nicht, deshalb ist es wirklich schwierig hier oben etwas mit einer eigenen richtigen Band oder mit anderen Musikern auf die Beine zu stellen.

Das klingt recht pessimistisch oder frustriert. Trotzdem spielst du aber auch in einer festen Truppe…

Ja, sicher. Ich habe seit mittlerweile fünf Jahren meine Truppe mit KALLES ANKER gefunden. Dort bin ich der Drummer. Wir machen Hardcore mit deutschen Texten, Krach mit Niveau, wie wir es gerne nennen…. Ich weiß diese Band wirklich sehr zu schätzen und sie liegt mir auch sehr am Herzen. Eine Art zweite Familie sozusagen. Es passt einfach. Mehr brauche ich dazu wohl nicht zu sagen.

Das ist aber noch nicht alles, was bei dir läuft.

Richtig. Zurzeit arbeite ich mit dem ex-INCUBATOR-Sänger Chris am Projekt VRYSGUARD. Die EP (ebenfalls von mir produziert) kommt nächsten Monat raus und da tobe ich mich Instrumental voll aus. Polyrhythmik, vertrackter Prog, Djent, Mathcore Metal mit englisch / deutschem Gesang, würde ich dazu mal sagen.

 

Haha, gut dass ich als Oldschool-Hörer noch meine Wacken-Ohrstöpsel habe!

Wart's ab! Bei VRYSGUARD jedenfalls habe ich auch die komplette Instrumentierung vorgenommen und Chris hat seinen ganz persönlichen Stempel auf die Sache gesetzt. Ich wüsste auch ganz ehrlich hier in der Gegend keinen anderen, mit dem ich so etwas hätte machen können. Hier hat die Zusammenarbeit mega viel Spaß gemacht: Gegenseitiger Respekt und Freiraum waren dort das Geheimnis.

Und gibt es weitere Pläne mit KALLES ANKER?

Jawoll! Für die Zukunft steht erstmal eine CD-Produktion von KALLES ANKER an, die ich machen werde...

 

...das überrascht mich jetzt wirklich, haha!

...sowie einige Konzerte mit denen. Mal sehen wie es in Sachen VRYSGUARD weitergeht. Und eine weitere Eigenbrötler-CD von mir ist auch schon am Start. Die ist allerdings komplett anders. Rein Instrumental, eher ein Mix aus Jazz, Funk und Psychedelic Rock. Eine Jam-Session mit mir ganz alleine kann man sagen, da fast alles darauf improvisiert ist. So viel dazu.

Okay, danke dir erstmal, Christian. Ich denke, von dem einen oder anderen Projekt "from the underground" aus deiner Richtung werden wir also noch hören.

Redakteur:
Martin Rudolph
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