BLOOD TSUNAMI: Interview mit Faust

30.04.2009 | 10:38

"Über die ganzen fröhlich klingenden Thrash-Bands in Richtung TANKARD, bei denen sich textlich alles um Bier und Party machen dreht, bin ich übrigens nicht sehr glücklich." (Bård G. Eithun alias Faust)

Mit ihrem zweiten Studioalbum "Grand Feast For Vultures" präsentieren die norwegischen Thrasher BLOOD TSUNAMI dieser Tage abwechslungsreichen Thrash Metal, der zudem einigen klassischen Metalbands musikalisch Tribut zollt. POWERMETAL.de klingelte Schlagzeuger Bård G. Eithun alias Faust an und sprach mit ihm über die Langrille.





_Martin:_
Faust, ihr habt ja gerade ein neues Album namens "Grand Feast For Vultures" herausgebracht. Wer oder was wurde denn ein Fressen für die Geier? Habt ihr den MANOWAR-artigen Muskelprotz, der euer Debütalbum zierte, verfüttert?

_Faust:_
Der Albumtitel hat keinen tieferen Hintergrund und er bezieht sich auch nicht auf eine Person. "Grand Feast For Vultures" war der Albentitel, der am besten zum Konzept und zu unserem Cover passte. Von daher war er schnell ausgewählt. Das Cover wurde übrigens vom selben Künstler angefertigt, der auch das zu unserem Debütalbum "Thrash Metal" gestaltete [Alex Horley, ein italienischer Künstler - Anm. d. Verf.]. Nur dieses Mal sieht das Cover ein wenig roher und auch obskurer aus. Es ist nicht so geglättet und so MANOWAR-artig, wie das von "Thrash Metal".

_Martin:_
Ihr habt auf dem neuen Album einige Growls im Death-Metal-Stil in die Stücke eingewoben, die ihr in dieser Form und diesem Umfang noch nicht auf dem Debütalbum "Thrash Metal" hattet. Außerdem gibt es auf der neuen Scheibe viel mehr Doublebass-Passagen zu hören. Welches sind denn aus deiner Sicht die wichtigsten Unterschiede, wenn du "Grand Feast For Vultures" mit dem Vorgänger vergleichst?

_Faust:_
Nun, wir hatten solche Growls auch schon auf unserem Debütalbum, aber da standen sie nicht so im Vordergrund wie jetzt. Jetzt setzen wir die Growls häufiger ein - nicht nur im Chorus der Stücke. Aber es kann schon sein, dass die Growls durch den Mix stärker zur Geltung kommen. 

Icch stimme dir zu, dass wir auf unserem neuen Album viel mehr Doublebass-Einsätze verzeichnen können als früher. Manchmal kommt die Doublebass vielleicht zu oft zum Einsatz - zumindest aus meiner Perspektive, da ich ja Drummer bin, haha! Ansonsten unterscheidet sich das Material dadurch, dass die neuen Stücke schneller, düsterer und härter sind, zeitweise aber auch sehr melodisch klingen.

_Martin:_
Um wie viel höher war denn der Zeitaufwand, um die beiden Longtracks 'Horsehead Nebula' und 'One Step Closer to The Grave' zu komponieren, wenn du diese Stücke mal mit den knackigen, kürzeren Stücken wie dem Opener 'Castle Of Skulls' vergleichst?

_Faust:_
'Castle Of Skulls', das du gerade genannt hast, entstand im Zuge einiger Proben, wohingegen die ausgiebigen Instrumentalpassagen der beiden langen Stücke über einen Zeitraum von vielleicht eineinhalb bis zwei Jahren hinweg entstanden. Wir mussten diese Stücke immer wieder umarrangieren, Riffs über Bord werfen, neue Riffs hinzufügen und so weiter. Das ist schon eine Prozedur, so ein Stück fertig zu bekommen.

_Martin:_
"Grand Feast For Vultures" ist regelrecht in zwei Hälften unterteilt. In der ersten Hälfte gibt es sehr heftige Thrash-Songs, während es im zweiten Teil die beiden zeitlich ausladenden Longtracks gibt, die deutlich von klassischen Metalbands beeinflusst wurden (IRON MAIDEN, METALLICA und auch ein wenig JUDAS PRIEST). Würdest du mir zustimmen?

_Faust:_
Auf jeden Fall. Und ich bin mir sehr wohl bewusst, dass die zweite Hälfte, auf denen die Longtracks sind, vielleicht bei manchen Leuten nicht so gut ankommen wird. Einfach aus dem Umstand heraus, dass das Album dadurch nicht 100 Prozent Thrash Metal ist. Wir hätten sicherlich ein ganzes Album voller aggressiver Thrash-Granaten machen können, die gut rüberkommen, klar. Aber ich denke, dass wir das, was wir gegenwärtig machen, ganz gut rechtfertigen können. Es gibt genügend Raum im Metalbereich für eine Band wie BLOOD TSUNAMI und solange wir unsere Ideen sauber inszenieren, wüsste ich nicht, was daran falsch sein könnte. Wie ich schon gesagt habe, ist das der Punkt, für den wir möglicherweise am ehesten negatives Feedback kassieren werden.

_Martin:_
Denkst du, dass ihr mit "Grand Feast..." Fans von rauer klingenden Bands wie EXODUS, DARK ANGEL oder SLAUGHTER (Kanada) ebenso erreichen könnt wie diejenigen, die eher auf melodischere Thrash-Sachen wie DEATH ANGEL abfahren?

_Faust:_
Das wird uns auf jeden Fall gelingen. Aber wir können auch Fans erreichen, die auf die NWoBHM-Sachen stehen. Wir haben musikalisch viele Querverweise zu klassischen Thrash-Bands und ich denke, dass jeder, der klassischen Metal mag, interessante Songs bei BLOOD TSUNAMI entdecken wird.

_Martin:_
Erzähl mir bitte etwas über das Songwriting bei BLOOD TSUNAMI. Wie arbeitet ihr an neuen Songs und wer ist konkret am Komponieren und Arrangieren beteiligt?

_Faust:_
Pete [Evil, Gitarre und Gesang - d. Verf.] schreibt alle Riffs und er arrangiert teilweise. Mit den Riffs geht es dann in unseren Proberaum, wo er mit mir am Schlagzeug die Ideen ausprobiert. Wenn diese Proben die Songidee weiterentwickelt haben, dann spielen wir diese Sachen unseren Bandkollegen vor. Aber dieses Grundgerüst für das Stück wird natürlich oft noch verändert werden, da wir uns den Ball mit neuen Ideen immer wieder zuspielen.

_Martin:_
Kannst du dir vorstellen, ein ganzes Album mit BLOOD TSUNAMI zu machen, das im Stil der beiden langen Stücke 'Horsehead Nebula' und 'One Step Closer to The Grave' gehalten ist?

_Faust:_
Hmm, also gegenwärtig kann ich mir das nicht vorstellen. Meiner Meinung nach sollten wir als Band ein bestimmtes Maß an Rohheit und Härte bewahren, weil BLOOD TSUNAMI solch einen musikalischen Hintergrund hat. Wir sind in erster Linie eine Thrash-Band. Es ist nicht so, dass wir uns gezielt hinsetzen und entscheiden, in welche Richtung ein bestimmtes Stück Musik gehen soll. Die Entwicklung von Musik ist ein Prozess, der sich im Fluss befindet. Von daher wissen wir jetzt noch nicht, wie unser drittes BLOOD TSUNAMI-Album klingen wird.

_Martin:_
Vor fast genau zwei Jahren meinte dein Bandkollege Pete Evil (Gitarre und Gesang), dass rosige Zeiten für den Thrash Metal vor uns lägen. Was denkst du über seine Aussage und wie nimmst du die Thrash-Szene gegenwärtig wahr?

_Faust:_
Ich finde, dass es um die Szene wirklich gut bestellt ist, obwohl ich befürchte, dass da eine Art Übersättigung eintreten könnte, da wirklich sehr viele neue Thrash-Bands allerorts auftauchen. Über die ganzen fröhlich klingenden Thrash-Bands in Richtung TANKARD, bei denen sich textlich alles um Bier und Party machen dreht, bin ich übrigens nicht sehr glücklich. Aber hey, es könnte wesentlich schlimmer sein, schätze ich.

_Martin:_
Mach dich bitte mal daran, einen Slogan für BLOOD TSUNAMI zu entwerfen. Sei kreativ!

_Faust:_
"BLOOD TSUNAMI sorgt für musikalische Wellen".

_Martin:_
Ihr spielt mit BLOOD TSUNAMI Musik auf hohem Niveau, aber ich schätze, dass ihr sehr wahrscheinlich einen ganz alltäglichen Job mit einem Acht-Stunden-Tag habt. Was machen denn die Bandmitglieder beruflich?

_Faust:_
Wir können durch die Band unseren Lebensunterhalt leider überhaupt nicht bestreiten. Pete Evil ist Manager in einem neu aufgezogenen Metal-Pub in Oslo, der "Hellawaits" heißt. Bosse arbeitet in einem Kindergarten. Unser zweiter Gitarrist Dor Amazon ist noch Student. Und ich fahre einen Recycling-LKW in Oslo. Wir gehen ganz gewöhnlichen Jobs nach.

_Martin:_
Wenn BLOOD TSUNAMI eine Pizza wäre, was wäre dann der Belag darauf?

_Faust:_
Also eins ist mal ganz klar: "...it ain't gonna be cheesy, haha!".

_Martin:_
Ihr wart ja leider nach dem Erscheinen von "Thrash Metal" in Europa praktisch nicht auf Tour und derzeit finden sich auch keine Tourdaten auf eurer [MySpace-Seite.]http://www.myspace.com/bloodtsunami Besteht denn die Möglichkeit, euch mal auf einer deutschen Bühne zu sehen?

_Faust:_
Wir waren in Großbritannien auf Tour, aber leider nicht darüber hinaus in Europa unterwegs, da hast du recht. Bisher haben wir lediglich einen Auftritt auf einem Festival in Dänemark dieses Jahr klar gemacht, aber wir arbeiten daran, eine Europa-Tour im Sommer oder Herbst 2009 festzumachen. Wir merken einfach, dass wir das Album durch eine Tour supporten sollten.

_Martin:_
Wir sind am Ende des Interviews angelangt. Du hast die berühmten letzten Worte.

_Faust:_
Hört euch bitte unser neues Album an, das gerade erschienen ist. Stay true and stay metal. Cheers!

Redakteur:
Martin Loga

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