ARMORED SAINT: Interview mit Joey Vera

02.03.2010 | 07:06

ARMORED SAINT legen mit "La Raza" ihr erstes Werk seit zehn Jahren vor. Und dennoch waren sie nie wirklich von der Bildfläche verschwunden, was auch an den raren, aber gut verteilten und stets im Hirn haftenden Festivalauftritte der Herren lag. Joey Vera klingelte durch und stellte sich unseren Fragen.

Die Feststellung, dass "La Raza" eine deutliche Orientierung in Richtung Classic Rock hat und somit Sangesgott John Bush (noch) mehr Raum zur Entfaltung gibt, bestätigt Joey hörbar begeistert. "Es ist toll, dass dir das auffällt, denn genau so sollte "La Raza" auch wirken. Bei unserem letzten Album und auch bei den ANTHRAX-Sachen war mir John zu sehr in ein Korsett gezwängt. Aber wir in der Band wissen alle, wo wir herkommen und das John schon sehr von Leuten wie Ian Gillan oder Robert Plant beeinflusst wurde. Und wir wollten dem Rechnung tragen und John so variabel wie möglich zeigen." Ein Vorhaben, das definitiv gelungen ist, bietet John Bush doch eine absolut herausragende Gesangsleistung auf "La Raza". Hilfreich bei solchen Schritten ist natürlich auch der Status der Band, die wahrscheinlich nur noch in dieser Formation existieren kann und immer dann Alben aufnehmen wird, wenn es sich gerade ergibt. Vom üblichen Album-Tour-Album-Rhythmus sind die Jungs natürlich weit entfernt. "Ja, das ist absolut richtig", bestätigt Joey. "Aus diesem Stadium sind wir mit ARMORED SAINT raus. Wir machen nur noch Platten zusammen, wenn wir Zeit, Lust und Ideen dafür haben. Das war im letzten Jahr halt der Fall, aber wie du siehst hat es auch eine Weile gedauert, bis wir das mal wieder geschafft haben. Diese Unabhängigkeit bietet uns aber im Prinzip nur Vorteile. Wir wissen, dass wir eine loyale Anhängerschaft haben, die uns nicht vergisst, wir müssen nicht übermäßig darauf achten, wie sich die Platte verkauft, denn das wir noch Superstars werden, ist wohl nicht mehr möglich und wir machen die Musik vor allem und zuerst für uns. Das ist eine äußerst komfortable Situation, die dazu geführt hat, dass wir sehr entspannt an die Aufnahmen rangegangen sind. Etwas, was man der Platte auch durchaus anhört", wie Joey findet. Und das völlig zu Recht, bietet "La Raza" doch den für die Band so markanten Gonzo-Groove und Johns Powerröhre, in kompakten und variablen Songs. "Ja, ich denke auch, dass "La Raza" abwechslungsreicher geworden ist als unsere Alben zuvor. Songs wie 'Loose Cannon' oder 'Little Monkey' sind für die Headbanger, während 'Chilled' oder 'Blues' eher klassischen Rock bieten, wie wir ihn zuvor nicht angeboten haben. Und alles dazwischen gibt es natürlich auch." Stimmt.


Dennoch sollten die Fans ihre Erwartungen eher niedrig ansetzen, wenn es um die Zukunft der Band geht. "Das stimmt natürlich.", bestätigt Joey. "Wir werden jetzt nicht wieder anfangen, in diesen Rhythmus zu verfallen, das geht auch gar nicht, bei den Verpflichtungen, die wir nebenher noch haben. Aber wenn sich die Möglichkeit bietet, eine kleine Tour oder auf einem Festival zu spielen und wir alle die Zeit dafür haben, dann werden wir das sicher machen. Nur Versprechungen kann ich halt keine machen, wenn ich sehe, dass John schon für ein paar Festivals im Sommer bei ANTHRAX zugesagt hat und ich mit FATES WARNING und SEVEN WITCHES in den nächsten Monaten arbeiten werde. Da ist in den nächsten Monaten schon nicht mehr viel drin." Dass die Fans ARMORED SAINT dennoch nie vergessen haben und werden, liegt auch an den wenigen, in halbwegs regelmäßigen Abständen absolvierten Festivalgigs, die die Band abgeliefert hat. "Ja, wir lieben die deutschen Festivals. Das sind immer tolle Auftritte. Ich halte nachwievor unseren Gig vom Wacken 2000 für unser bestes Konzert überhaupt und auch die Gigs beim Keep It True im letzten Jahr, beim Rock Hard Festvial oder beim Bang Your Head waren immer etwas Besonderes. Die Chemie zwischen uns und den Fans ist in Deutschland einfach hervorragend." Jeder, der die genannten Gigs gesehen hat, wird das bestätigen. Und nicht wenige Fans reisen oftmals zu Festivals in Deutschland, nur weil die Gepanzerten aufspielen. Der Verfasser dieser Zeilen inklusive. "Diese Loyalität unserer Fans, vor allem in Europa, hat uns immer fasziniert und wir haben ein sehr spezielles Verhältnis zu Europa. Schon als wir anfingen, wollten wir immer nach Europa, weil alle unsere Lieblingsbands daher kamen. Die New Wave Of British Heavy Metal war für uns das Größte überhaupt."

Da wundert es einen nicht, dass Joey in der langen Karriere der Band genau dies gerne ändern würde. "Ich bin eigentlich kein Mensch, der verlorenen Chancen hinterher weint. Jede Entscheidung in meinem Leben hat mich zu diesem Punkt hier gebracht und ich kann von mir selbst sagen, dass ich sehr glücklich bin. Dennoch bereue ich es durchaus etwas, dass wir damals so lange gebraucht haben, um es mal nach Europa zu schaffen (das erste Mal war 1989, also nach drei Alben und sieben Jahren Bandgeschichte. - PK) und das dann für einen einzigen Gig, dem nur noch ein weiterer Festival-Auftritt und die kurze, spontane Tour im Vorprogramm der SCORPIONS gefolgt sind. Da hätten wir natürlich schon vorher mehr darauf bestehen müssen, nach Europa zu kommen, koste es, was es wolle. Auch wenn unser Management und unser Label das damals nicht machen wollten. Andererseits waren wir alle Anfang 20 und hatten einfach nicht die Erfahrung im Business, die wir heute haben und von daher kann ich es mir selbst auch nicht wirklich vorwerfen. Wie hätte ich es denn in dem Alter besser wissen sollen und können?" Das gilt auch für die Verträge mit Chrysalis Records, die nachwievor die längst überfälligen Re-Releases von "March Of The Saint", "Delirious Nomad" und "Raising Fear" verhindern. "Das haben wir und MetalBlade schon so oft versucht, aber es ist äußerst schwierig von Chrysalis Lizenzen dafür zu erhalten. Für mich ist das total unverständlich, denn Chrysalis würden mit der Lizensierung ja Geld verdienen, aber das haben sie offensichtlich nicht nötig."

Nötig habe ich dafür Informationen über den Fortschritt eines neuen FATES-WARNING-Albums. "Ich habe gehört, dass ich darauf spielen werde", lacht Joey. "Und Bobby Jarzombek (dr. - PK) wird wohl auch wieder mit von der Partie sein. Ende April soll es ins Studio gehen, um die Platte aufzunehmen. Ich bin schon ganz gespannt, was Jim diesmal so aus dem Hut zaubert, er ist ein unglaublicher Komponist." Harren wir der Dinge, die da kommen.

Redakteur:
Peter Kubaschk
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