ANATA: Interview mit Fredrik

01.01.1970 | 01:00

"The Dreams Of Death And Dismay" lautet der aktuelle, sehr überzeugende Output der Death Metal-Kapelle ANATA. Nachdem ich im Review schon meine Zuneigung zu dem Silberling bekundet habe, telefonierte ich mit Bandkopf Fredrik Schalin (Vocals, Guitar), um zu erfahren, daß ich nicht der Einzige bin, der in die Scheibe vernarrt ist. Doch lest selbst...


Stephan:
Ist "Dreams Of Death And Dismay" das Album, mit dem ANATA den Durchbruch schaffen werden?

Fredrik:
Ich hoffe das. Ich denke, das Album verdient es und die Band verdient es auch. Aber wir sind auch so sehr zufrieden mit diesem Album. Es ist in ganz Europa bei der Presse gut angekommen. Es führt irgendwie den Weg weiter, den wir begonnen haben. Es könnte schon unser Durchbruch werden.

Stephan:
Ihr habt eine exzellente Produktion auf der neuen Scheibe. Wie habt ihr so einen Sound hingekriegt?

Fredrik:
Hmm, ich weiß nicht. Gutes Studio, gute technische Ausrüstung. Wir waren von Anfang an davon überzeugt, was wir machen wollten. Und es gab keinerlei Probleme im Studio, alle Leute waren einfach großartig.

Stephan:
Wie kommt es, daß die Songs so ausgefeilt und vor allem abwechslungsreich sind?

Fredrik:
Harte Arbeit. Wir haben uns zwei Jahre Zeit gelassen mit dem Album und das hat uns eine Menge Schweiß gekostet. Wir haben nichts aufs Album gelassen, mit dem wir nicht absolut zufrieden waren.

Stephan:
Ich habe noch nicht viele so abwechslungsreiche Death Metal-Acts gehört wie euch. War das von vornherein so geplant oder hat sich das so ergeben?

Fredrik:
Also der Abwechslungsreichtum war schon so geplant.

Stephan:
Ihr habt auf "Dreams..." sowohl sehr brutale, reine Knüppel-Stücke, als auch eingängige Gitarren-Parts. Legt ihr gesteigerten Wert auf diese Ausgeglichenheit oder was steht bei euch im Vordergrund?

Fredrik:
Die Ausgewogenheit ist schon sehr wichtig. Wir machen harte Musik und es muß einfach schnell sein und alles wegblasen. Aber ich denke, daß wir in all den Jahren unseren eigenen, besonderen Sound gefunden haben. Uns war immer genau klar, was wir machen wollten. Also auch die melodischen Sachen hier und da, um der Musik einen emotionaleren Ausdruck zu verleihen. Das war schon so geplant, und ich glaube auch nicht, daß es viele Bands gibt, die solche Musik spielen, wie wir sie machen.

Stephan:
Auf jeden Fall. Und wer ist bei euch fürs Songwriting verantwortlich?

Fredrik:
Hauptsächlich bin ich das. Aber auch unser Bassist und der andere Gitarrist. Bei den neuen Songs, die wir jetzt schreiben, bringen sich die Beiden immer mehr mit ein, das nimmt etwas Last von meinen Schultern. Aber sie schreiben auch genau in dem wahren ANATA-Stil, so wie ich.

Stephan:
Was ich immer wieder gerne frage, was gefällt dir am neuen Album nicht?

Fredrik:
Was mir nicht gefällt... (Ratloses Gemurmel am anderen Ende der Leitung. - d. Verf.)

Stephan:
Schwierig, was? Bei so einem guten Album...

Fredrik:
Danke. Wir sind eigentlich komplett zufrieden mit dem Album. Ich weiß nicht, was mir nicht gefällt. Ich denke, wir sind absolut glücklich mit dem Teil.

Stephan:
Der Release hat sich immer wieder verschoben. Warum?

Fredrik:
Ich denke der Hauptgrund dafür war, daß unsere Plattenfirma Season Of Mist mit Relapse um einen Lizenzvertrag für die USA und Kanada verhandelte, und das hat wohl eine Weile gedauert. Das Album sollte ursprünglich zur selben Zeit in Europa und Nordamerika veröffentlicht werden, deshalb hat sich das Ganze dann etwas verzögert.

Stephan:
Für alle, die euer Debüt nicht kennen, was sind Unterschiede zwischen "Infernal Depths Of Hatred" (1995) und "Dreams..."?

Fredrik:
Die neuen Songs sind schneller und brutaler, und weniger am Göteborg-Stil orientiert. Die Melodien sind zwar immer noch da, aber es ist nicht mehr so Göteborg-lastig (ihr wißt schon, was ich meine - d. Verf.) wie unser erstes Album. Ich glaube auch, die Songs sind besser. Wir hatten mehr Selbstvertrauen beim Songwriting und es steckt mehr Energie in der Musik an sich.

Stephan:
Eure Einflüsse scheinen sowohl im schwedischen als auch im amerikanischen DM zu liegen. Was überwiegt und welche Bands wären da zu nennen?

Fredrik:
Also für mich überwiegt ganz klar der amerikanische Einfluß. So komisch das auch klingen mag, ich war nie wirklich inspiriert von den schwedischen Bands. Natürlich nehmen viele Leute an, daß wir von der Göteborg-Szene beeinflußt wurden, aber wir haben eigentlich nie richtig diese Bands gehört.

Stephan:
Und welche Bands sind es dann?

Fredrik:
Meine All-Time-Favorites sind MORBID ANGEL. Und sicherlich auch Bands wie CANNIBAL CORPSE wegen ihrer Energie und der Wirkung ihrer Musik.

Stephan:
"The Temple/Erratic" (8:44) ist der längste DM-Song, den ich kenne (Schallendes Gelächter von Mr. Schalin - d. Verf.). Ist das Teil so etwas wie eure Bandhymne?

Fredrik:
Keine Ahnung.

Stephan:
Und warum ist das Teil denn so lang geworden?

Fredrik:
Ich weiß nicht, manche Songs schreiben sich praktisch von selbst. Sie wollen einfach irgendwie geschrieben werden. Aber hier ist das noch was besonderes, weil es eigentlich ein zweigeteilter Song ist. Der erste Teil ist der Vocal-Part, der "The Temple" heißt. Am Ende dieses Teiles wird eine Person in eine parallele Dimension verschlagen, und der Rest des Songs behandelt dann die Suche und das Reisen durch weitere Dimensionen. Und genau das ist es, was die Musik ausdrücken soll, deshalb hat es so viele verschiede Teile und Stimmungen.

Stephan:
Wie waren die bisherigen Reaktionen auf das Album, besonders in Deutschland?

Fredrik:
In Deutschland waren sie eigentlich alle sehr gut. Ich weiß, daß du das Album magst (Woher weißt du das??? - d. Verf.) und auch metal.de und das Moshpit (Jetzt ist aber genug mit der Schleichwerbung, ich stelle nie wieder so eine Frage. - Anm. d. Verf.) fanden es sehr gut. Aber auch aus Italien gab es sehr gute Reviews und vom Metal Hammer (So hieß das Ding vielleicht früher mal! - Anm. d. Verf.).

Stephan:
Stimmt es, daß ihr bereits die Songs für den "Dreams..."-Nachfolger fertig habt?

Fredrik:
Nein, aber wir haben bis jetzt sechs oder sieben Songs geschrieben, also sollte es nicht mehr allzu lange dauern, bis wir wieder ins Studio gehen können. Wir nehmen ja immer im Winter auf, also vielleicht so in einem halben Jahr.

Stephan:
Nachdem ihr das neue Album aufgenommen habt, habt ihr euch von eurem Drummer Robert getrennt und verlauten lassen, daß er "nie die Hingebung hatte, die es braucht, um in ANATA zu sein". Harte Worte...

Fredrik:
Naja, er hat sich nie wie ein professioneller Drummer verhalten. Zu seinen besten Zeiten war er wirklich sehr gut, aber dazwischen eben weniger. Auf den Alben hört er sich zwar gut an, aber da er auch öfters mal schlechter drauf war, passte er einfach nicht zur Band.

Stephan:
Auf "Dreams..." war ich eigentlich sehr beeindruckt von eurem Drummer und jetzt sagt ihr, daß ihr mit dem neuen Kesselklopper musikalisch neue Wege gehen könnt.

Fredrik:
Ja, der Neue (Conny Pettersson, ehemals ETERNAL LIES - d. Verf.) ist einfach besser. Um ein guter Death Metal Drummer zu sein, muß man beides können, schnellen Metal und mit Präzision zu spielen, aber auch stinknormale Rockmusik bzw. überhaupt andere Arten von Musik muß man drauf haben, um ein guter und vor allem vielseitiger Drummer zu sein. Unser neuer Trommler hat das eben drauf und wir sind sehr glücklich mit ihm.

Stephan:
Wie sah es denn in letzter Zeit mit Touren bei euch aus?

Fredrik:
Ja, wir haben leider keine Europatour machen können. Unglücklicherweise mußten wir absagen, als wir als Support von IMMORTAL auf Tour gehen sollten. Beim zweites Mal wurden wir gefragt und wären auch gerne gegangen, aber der Promotor hatte schon eine andere Band im Auge, die an unserer Stelle den Platz einnahm. Und so warten wir halt auf die nächste Gelegenheit. Ich weiß, daß unsere Plattenfirma sich wirklich um uns bemüht. Und ich denke, wenn wir offiziell in den USA lizensiert worden sind, werden sich die Dinge mit der Hilfe von Relapse sicherlich ändern.

Stephan:
Gibt es irgendwelche Events, wo ihr unbedingt mal auftreten wollt, z.B. bei den No Mercy-Festivals?

Fredrik:
Ja, das wäre schon cool. Und Dynamo wäre sicherlich auch toll, oder auch das Wacken Open Air. (lacht)

Stephan:
1999 habt ihr eine Split-CD mit den Norwegern von BETHZAIDA aufgenommen (Jeder steuerte zwei eigene, neue Songs, sowie ein Cover von der jeweils anderen Band und ein weiteres Cover bei. - Anm. d. Verf.), die auf den Namen "War Vol. 2" hörte. Wer hat denn die Schlacht nun gewonnen?

Fredrik:
Ich weiß nicht, ob es da einen Sieger gab. (Räuspert sich mehr als kräftig - d. Verf.) Aber was ich so von Leuten gehört habe, haben wir gewonnen.

Stephan:
Wie hat dir das BETHZAIDA-Cover von eurem "Under Azure Skies" gefallen?

Fredrik:
Also mir hat das Original schon besser gefallen und mir hat ehrlich gesagt auch unser Cover von ihrem Song ("The Tranquillity Of My Last Breath") besser gefallen. (lacht)

Stephan:
Auf dieser Scheibe habt ihr MORBID ANGEL ("Day Of Suffering") gecovert. Mögt ihr die Band deshalb, weil ihr auch so technischen und musikalisch auf hohem Niveau stehenden Death Metal spielt?

Fredrik:
Also MORBID ANGEL waren in all den Jahren sicherlich immer ein großer Einfluß für uns. Und sie sind schon immer meine persönlichen Lieblinge gewesen, auch wenn wir nie versucht haben, sie zu kopieren. Wir wollten eigentlich immer unseren eigenen Stil machen. Aber da gibt es sicherlich Parallelen.

Stephan:
Bist du zufrieden mit der Promo-Arbeit eurer Plattenfirma Season Of Mist?

Fredrik:
Ja, die Dinge laufen wirklich gut. Auf das neue Album haben wir so viele Reviews erhalten und geben so viele Interviews, man kann schon sagen, es läuft deutlich besser als früher. Wir haben immerhin ungefähr 500 Promo-CD's verschickt, und das ist schon eine ganze Menge.

Stephan:
1995 war ja schon mal das deutsche Label Nuclear Blast an euch dran. Warum ist da nix draus geworden?

Fredrik:
Ich weiß es wirklich nicht. Sie haben unser erstes Demo-Tape wirklich gemocht und da haben sie uns gefragt, ob wir noch mehr Songs auf Lager haben. Wir sagten: "Nein, aber wir können jederzeit ein paar Neue aufnehmen." Und da meinten sie, sie würden uns einen Tag geben um ins Studio zu gehen und Songs aufzunehmen, um ihnen einen Vorgeschmack auf den Sound zu geben. Und das haben wir gemacht, aber ich glaube, unser damaliger Stil hat ihnen nicht wirklich gefallen. Wir haben zu der Zeit mehr Black Metal-inspirierten Death Metal gespielt, was wir heute ja nicht mehr machen.

Stephan:
Ihr habt eine coole Homepage (http://www.varberg.se/~drake). Wer hält die Seite am Laufen?

Fredrik:
Das macht unser Bassist Henrik Drake. Ich denke, er macht da einen sehr guten Job.

Stephan:
In Schweden schießen ja gute DM-Newcomer zur Zeit nur so aus dem Boden. Hast du diese Entwicklung erwartet und wie findest du das?

Fredrik:
Ich weiß eigentlich nicht, was momentan so in der schwedischen Szene abgeht. Klar gibt es einige gute Bands, aber ich weiß nicht, was man da erwarten sollte. Es ist aber auf jeden Fall eine gute Entwicklung, daß sich mehr Bands auf brutalere Musik konzentrieren. Es ist irgendwie wie eine rückwärtige Bewegung, es ist nicht mehr nur alles melodisch, sondern es wird mehr heavy. Aber erwartet habe ich das eigentlich nicht.

Stephan:
Aber ist es da nicht schwer für eine relativ unbekannte Band wie ANATA, aus der Masse hervorzustechen und bekannter zu werden?

Fredrik:
Natürlich ist es das. Aber wir machen halt das, was wir mögen. Da denken wir nicht darüber nach, ob es schwer ist oder nicht. Wir mögen unsere Musik und schauen mal, wie die Dinge für uns so laufen werden.

Stephan:
Gut, dann danke ich dir für das Interview.

Fredrik:
Ebenfalls danke. Ich hoffe, daß ich das Interview bald lesen kann. (Okay, jetzt kannst du - d. Verf.)

Redakteur:
Stephan Voigtländer

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